DREI MÄNNER IM SCHNEE


Uraufführung 31. Januar 2019 Staatstheater am Gärtnerplatz, München
Wiederaufnahme Januar 2020

Schmissige Revue-Operette liefert beste Unterhaltung

Was haben ein steppender Skikurs, kommunikative Siamkatzen, schmissige Musiktitel in gefühlt zehn verschiedenen Genres, ein siebensterniges Alpenhotel, eine für die Dreissigerjahre überaus emanzipierte und geschäftstüchtige Konzernchefstochter, der „Wolkenstein“, ein völlig überforderter Hoteldirektor nebst hochnäsig-herablassendem Portier, ein das Kind in sich auslebender Konzernchef, eine Nymphomanin, ein pfiffiger und verzweifelt nach Festanstellung strampelnder Gutmensch und eine ganze Palette von weiteren Charakterköpfen wie ein mit seinem Beruf hadernder Naturbursch-Skilehrer, Schneemann und Schneefrau sowie eine resolute Hausdame und ein alerter Kammerdiener gemeinsam?

Dies und noch vieles mehr sind die Zutaten für den neuesten Schelmenstreich des umtriebigen Gärtnerplatzintendanten Josef E. Köpplinger und seines Kreativteams. Aus dem bekannten, 1934 erschienenen Erich Kästner Roman als Auftragswerk ein höchst unterhaltsames Stück Musiktheater zu zimmern, war vor über zwei Jahren die Grundidee – und eigentlich wunderten sich die Theatermacher, dass bis dato noch niemand anderes auf die Idee gekommen war, den spritzigen Stoff mit passender Musik auf die Bühne zu bringen. Mit Thomas Pigor, Autor, Komponist und Kabarettist fand man den geeigneten kreativen Kopf. Neben der Erstellung des Librettos ist er auch einer von insgesamt vier (!) Komponisten, die dem Stück musikalisches Leben verpassten.

Hier zusammengefasst die süffige Verwechslungskomödie:

Wie jedes Jahr findet im Tobler-Konzern eine Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter statt;

Firmenchef Tobler höchstselbst verteilt als Weihnachtsmann Geschenke;

Der arbeitslose, jedoch sehr erfindungsreiche Dr. Fritz Hagedorn hat erneut am jährlichen Firmenpreisausschreiben teilgenommen und gewinnt prompt den ersten Preis, einen Winterurlaub im luxuriösen Alpenhotel Bruckbeuren;

Viel lieber wäre ihm allerdings gewesen, dass seine Erfindungen und Konstruktionen endlich von der „subalternen“ Sekretärin an Direktor Tobler weitergeleitet werden, damit er eine Anstellung bekommt.

Am Heiligabend eröffnet Eduard Tobler seiner Hausdame Kunkel und seiner Tochter Hilde, dass er inkognito als armer Schlucker „Herr Schulze“, der angeblich den zweiten Preis im Preisausschreiben gewonnen hat (ebenfalls einen Aufenthalt in besagtem Luxus-Schuppen), eine Auszeit vom Hamsterrad-Konzernleben zu nehmen gedenke. Um das vorhersehbare Durcheinander komplett zu machen, schickt Tobler auch noch seinen Kammerdiener Johann, verkleidet als reichen Schnösel, ebenfalls ins Hotel.

Es kommt, man ahnt es schon, zu turbulenten Verwechslungen: Hagedorn wird im Hotel aufgrund einer mißverständlichen Telefonvorwarnung der Hausdame Kunkel im Luxusschuppen für den Multimillionär gehalten, und sofort von der nymphomanen Frau Calabré, Hotel-Stammgästin, heftigst umgarnt;

Kammerdiener Johann tritt als reicher Schiffsmagnat Kesselhuth auf;

Die drei Herren schließen im Hotel rasch Freundschaft (mithilfe größerer Mengen an konsumierten alkoholischen Getränken);

Währenddessen gibt Naturbursch und Skilehrer Toni für die betuchten Hotelgäste einen Anfängerskikurs;

Herr Schulze alias Konzernchef Tobler wird vom herablassenden Hotelportier Polter in die eiskalte Dachkammer einquartiert und für Handlangerdienste herangezogen;

So muss er unter anderem die zum Hotel gehörige Eisbahn kehren;

Die Freunde teilen sich die Kehrarbeit, wiederum unter Einwerfens diverser Conjäckchen;

Solchermaßen alkoholisch stimuliert, die „Drei Herren im Schnee, haben einen im Tee“, macht man sich gemeinsam an die Errichtung von Schneemann Kasimir…

Zeitgleich geht es im Hotel hoch her, der Silvesterball, zu dem jeder maskiert zu erscheinen hat, nimmt Fahrt auf;

mittendrin Kesselhuth und Tobler bzw. der mittellose Herr Schulze

und Matrose Hagedorn und – wen wundert’s – weitere Alkoholika;

Die Hotelgäste feiern ausgelassen ins Jahr 1933 hinein;

Das Erwachen am Neujahrsmorgen liefert neben schwerem Kopf auch einige Überraschungen (wer war mit wem in welchem Zimmer, Hotelbett etc.)

Ach ja, Tochter Hilde und Hausdame Kunkel, in Wahrheit seit Jahren die Geliebte von Tobler, sind mittlerweile auch im Grand Hotel eingetroffen;

und haben ebenfalls schweren Kater (im Schädel und auf dem Arm…).

Hagedorn ist mit der „subalternen“ Hilde erneut aneinandergeraten und flüchtet in die Bergwelt, mit der Gondel will er auf den Wolkenstein. Dies bekommt die mannstolle Frau Calabré mit

und macht sich über den amourös-unwilligen Hagedorn her.

Auf der Rückfahrt vom Wolkenstein herunter hat Hagedorn nun ausgerechnet die ihm gänzlich unsympathische Hilde Tobler (er hält sie nach wie vor für die Firmensekretärin) mit in der Gondel.

Ein Unwetter zieht auf, man steckt vier Stunden in der Gondel fest und kommt sich unweigerlich näher.

Näher kommen sich auch Johann Kesselhuth und Skilehrer Toni, Letzterer leidet gar schrecklich unter seinem Schicksal als Naturbursch-Frauenschwarm – die beiden werden ein Paar.

Hagedorn gesteht den Freunden, dass er sich unsterblich in die „Firmensekretärin“ Hilde verliebt hätte.

Diese will ihren Vater zur Unterschrift eines von ihr mit dem Emir von Bahrein eingefädelten Großauftrags bezüglich der Lieferung von Tobler-Kühlschränken in die Wüste überreden;

Auf der Eisbahn, unter Anwesenheit von Kasimir, verbringen Hilde und Hagedorn frischverliebt einen romantischen Abend unter der Laterne.

Langsam ist es an der Zeit, dass Tobler seine und des Kammerdieners wahre Identität lüftet – zuvor lässt er Hagedorn noch einen Anstellungsvertrag als Kreativdirektor bei den Tobler-Werken zukommen;

Alle Verwicklungen lösen sich nun, wie es sich für eine Operette gehört, dahingehend auf, dass sich alles zum Besten wendet;

und somit steht dem großen Happy-End nichts mehr im Wege.

Schlussapplaus.

Wieder einmal liefert das Staatstheater am Gärtnerplatz mit einer Uraufführung unter der Ägide von Josef E. Köpplinger mit seinem Kreativteam Rainer Sinell (großartiges Bühnenbild!) und Gastchoreograph Adam Cooper einen punktgenauen Volltreffer, der für proppevolles Haus (sowohl auf der Bühne als naturalmente auch im Zuschauerraum) sorgt. Es wuselt auf der vielfältig eingesetzten Drehbühne nur so vor spielfreudigen Darstellern, die sichtlich ihren Riesenspaß an dem Stück haben. Das Schneemänner-Trio ist perfekt besetzt mit Armin Kahl (Dr. Fritz Hagedorn), Erwin Windegger (Konzernchef Eduard Tobler) und Alexander Franzen (Kammerdiener Johann). Hochkarätige weibliche Unterstützung liefern Julia Klotz als tatkräftig-empanzipierte Tochter Hilde und die beiden Erzkomödiantinnen Sigrid Hauser als von Millionärs-Männerfang getriebene Frau Calabré und die köstliche Dagmar Hellberg als schwerst Silvesterfeier-geschädigte Claudia Kunkel.

Die spritzige Inszenierung hat 2019, obwohl es eigentlich kein Musical im herkömmlichen Sinne ist, bei der Verleihung des Deutschen Musical Theater Preises groß abgeräumt: Beste Regie (Josef E. Köpplinger), bestes Bühnenbild (Rainer Sinell) und bester Hauptdarsteller (Armin Kahl). Gratulation!

Von den Musiknummern bleiben insbesondere Fragen wir doch einfach mal den Wolkenstein und das titelgebende Drei Männer im Schnee im Gehörgang. Das Orchester des Gärtnerplatztheaters, verstärkt um Zither (für die amüsanten Gstanzl) und Banjo, setzt unter dem Dirigat von Andreas Kowalewitz die schwungvolle Partitur bestens um.

Fazit: Wer einen höchst vergnüglichen Theaterabend zu verbringen gedenkt, der möge sich raschest um die wenigen noch verbliebenen Restkarten der Wiederaufnahmespielzeit ab Januar 2020 bemühen.

Premierenfeier 2019:

Armin Kahl und Erwin Windegger

Sigrid Hauser

Armin Kahl, Erwin Windegger, Alexander Franzen

Sigrid Hauser, Armin Kahl, Julia Klotz, Erwin Windegger, Alexander Franzen

Weitere Infos und Tickets gibt es hier unter diesem Link:

https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/drei-maenner.html?ID_Vorstellung=2130&m=66

Alle Fotos unterliegen dem alleinigen Copyright von Musical Reviews

Silvia E. Loske, Februar 2019 und Januar 2020

Revueoperette von Thomas Pigor nach dem Roman von Erich Kästner. Musik von Konrad Koselleck, Christoph Israel, Benedikt Eichhorn und Thomas Pigor.

Kreative
Musikalische Leitung Andreas Kowalewitz
Regie Josef E. Köpplinger
Choreographie Adam Cooper
Bühne Rainer Sinell
Kostüme Dagmar Morell
Licht Michael Heidinger, Josef E. Köpplinger
Choreinstudierung Felix Meybier
Dramaturgie Michael Alexander Rinz
Darsteller
Eduard Tobler Erwin Windegger
Hilde Tobler Julia Klotz
Dr. Fritz Hagedorn Armin Kahl
Johann Kesselhuth Alexander Franzen
Claudia Kunkel Dagmar Hellberg
Frau Calabré Sigrid Hauser
Portier Polter Eduard Wildner
Hoteldirektor Kühne Frank Berg
Toni Graswander Peter Neustifter
Ensemble: Stefan Bischoff, Florian Sebastian Fitz, Alexander Moitzi, Christian Schleinzer, Susanne Seimel, Laura Schneiderhan, Florine Schnitzel, Katharina Wollmann, Alexander Bambach, Martin Emmerling, Christian Weindl, Corinna Klimek, Veronika Kröppel, Kim Mira Meyer.Chor und Kinderchor des Staatstheaters am GärtnerplatzOrchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter der Leitung von Andreas Kowalewitz