DER LIEBESTRANK – L‘ elisir d’amore

Staatstheater am Gärtnerplatz München, 31. Mai 2025

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Und erneut gelingt dem Gärtnerplatztheater eine Operninszenierung voller Charme, Tempo, Lebenslust, mit einer Besetzung zum Niederknien: Gaetano Donizettis L‘ elisir d’amore wird im italienischen Original gezeigt, mit deutschen und englischen Übertiteln. Doch eigentlich muss man gar nicht nach oben gucken, wenn man des Italienischen – beschränkt auf die Speisenkarteninterpretation der Lieblings Trattoria – nicht mächtig ist, denn das Geschehen auf der Bühne spricht für sich!

Regisseur Dirk Schmeding verortet Donizettis 1832 uraufgeführte Oper um das Geschehen in einem kleinen Dorf im sommerlich heißen Italien in den Siebzigern. Der junge naive Tropf Nemorino ist unsterblich in die gefallsüchtige, schöne und dieserhalb von allen begehrte Adina verliebt.

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Mit reinem Herzen versucht er alles, ihre Liebe zu gewinnen, sie jedoch wendet sich berechnend dem eitlen Offizier Belcore zu,

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der mit seinem tumben Soldatentrupp gerade im Dorf Station macht (köstlich: in Anlehnung an die vier Schwanensee-Schwäne hüpfen sie durchs Dorf! 🙂

Verzweifelt greift Nemorino als letztes Mittel zu einem Liebestrank, den der reisende Scharlatan Dulcamara mit seinen überaus ansehnlichen drei weiblichen Helferlein feilbietet.

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Dieser Liebestrank soll bewirken, dass Adina ihn, Nemorino, ebenfalls lieben soll. Natürlich ist das alles eine Farce, besteht doch der Zaubertrank aus profanem Rotwein. Doch Nemorino greift nach diesem Strohhalm, übergibt dem Quacksalber seine gesamte dürftige Barschaft und trinkt voll inbrünstiger Hoffnung das angebliche Wundermittel.

Zwischendurch muss er für die Dörfler versuchen, vernünftigen TV-Empfang zu bekommen.

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Der Alk-Gehalt und der Placebo-Effekt des angeblichen Wundermittels zeigen Wirkung, Nemorino gewinnt an – bislang gänzlich fehlendem – Selbstbewusstsein. Und agiert Adina gegenüber nun erstmals mit Haltung und lässt sie abblitzen, was die verwöhnte Adina enorm irritiert. Aus Trotz verspricht sie Belcore die Ehe noch am selben Tag, was den armen Nemorino nun komplett am Boden zerstört.

„Una furtiva lagrima“ – der Showstopper. Langanhaltender jubelnder Applaus für diese wunderschöne Arie, von Nemorino-Matteo grandios dargeboten und gesungen. Sehr zu Herzen gehend, ein ruhiger, sehr gefühlvoller Moment mitten in diesem dörflichen Trubel. Bravo!

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Die Hochzeitsfeier wird vorbereitet, zutiefst niedergeschlagen bittet Nemorino Dulcamara um eine zweite Dosis des Liebestranks – er hat aber kein Geld mehr, um dafür zu bezahlen. Und heuert deshalb bei seinem Rivalen Belcore als Soldat an, um sogleich mit dem ersten Sold die zweite Flasche Liebestrank zu bezahlen.

Und – oh Wunder – die Wirkung ist eine durchschlagende: Plötzlich sind alle Frauen des Dorfes hinter ihm her! Was aber nichts mit dem Wundermittelt zu tun hat, sondern damit, dass Nemorinos Onkel verstorben ist und ihm ein riesiges Vermögen hinterlässt – wovon zwar die weiblichen Dorfbewohner wissen, Nemorino selbst aber keine Ahnung hat.

In Adina kocht Eifersucht hoch und sie fragt sich, ob sie nicht falsch entschieden hat. Macht einen Rückzieher ihres Eheversprechens an Belcore und endlich! kriegen sich die beiden. Adina sieht ein, dass ihr zickiges Diven-Gehabe unangebracht war und sie gesteht dem überglücklichen Nemorino ihre Liebe.

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Diese Inszenierung weist so viele unzählige witzige Details auf, wie das Hantieren Nemorinos mit seinem Walkman, dem Aufdröseln mittels Bleistift des Kassetten-Bandsalats – habe ich selbst noch miterlebt und genau so praktiziert. Der an der Wäscheleine vom Schnürboden herabschwebende Belcore, der als alternder Rockstar agierende Dulcamara und so Vieles mehr.

Das Bühnenbild nimmt einen mit ins sommerliche Italien, Erinnerungen an Urlaube vor vielen Jahrzehnten werden wach. Anstelle der heiß brennenden Sonne leuchtet eine neongelbe übergroße Zitronenscheibe. Kostüm- und Maskenbild überzeichnen trefflich die Siebziger mit hochtoupierten Wallemähnen, knappen Disco-Style Glitzerklamotten

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und Dulcamara setzt dem Ganzen die Krone auf mit seinem Outfit als Post-Elvis für Arme, grandios!

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Besonders hervorzuheben ist überdies die punktgenaue, sehr witzige Choreographie – im rückständigen italienischen Dorf ist man plötzlich mitten drin im Saturday Night Fever. Das macht in all der Überspitzung so unglaublich viel Spaß. Nicht nur dem Publikum, sondern ganz offensichtlich auch den Künstlern auf der Bühne.

Am Ende kommt noch die Konfetti- und Luftschlangen-Kanone zum Einsatz, da steht längst jeder im Publikum und feiert diese (und wie man hört alle bislang stattgefundenen) Vorstellung so richtig ab. Oper goes Disco, wie erstens ungewöhnlich und zweitens herrlich unterhaltsam.

Die fünf Solistenrollen sind, wie am Haus üblich, allerbestens besetzt. Eine wuselige leicht verpeilte Giannetta (Minu Yu),

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ein eitel herumstolzierender und mit prächtigem Bass agierender Belcore (Matija Meić), der sowohl gesanglich beeindruckende als auch mit seinem Spiel so köstlich die Bühne einnehmende Dulcamara (Alexander Grassauer).

Und natürlich Adina und Nemorino. Was für ein perfektes Pairing – altersmäßig, optisch und gesanglich wunderbar harmonierend.

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Die junge Sopranistin Andreja Zidaric ist eine atemberaubend attraktive Erscheinung, agiert divenhaft-egoman, doch man nimmt ihr am Ende auch ab, dass sie ihr bisheriges Verhalten hinterfragt und erkennt, dass Aufrichtigkeit und Liebe weitaus wichtiger sind als Oberflächlichkeit. Ihre gesanglich herausfordernden Partien überzeugen restlos.

Dies trifft ebenso auf den jungen Tenor Matteo Ivan Rašić zu, der am Haus bereits nachhaltig in Hauptrollen in Der Vogelhändler, Die Zauberflöte, Waldmeister und die Piraten von Penzance begeistert. Den Nemorino, seine Lieblingsrolle bislang, hatte er schon vor einem Jahr in Österreich interpretiert. Er ist einfach hinreißend in dieser Rolle.

Der Chor zeigt sich bestens gelaunt und spielfreudig. Wie auch das Orchester unter der Leitung von Michael Balke.

Fazit: Was für eine vor Lebenslust übersprudelnde, höchst charmante Inszenierung! Sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, so macht Oper Spaß!

Silvia E. Loske, Juni 2025

Copyright aller Fotos: Theaterfotos Marie-Laure Briane,
Schlussapplausfotos Musical Reviews

Trailer, Stückeinführung, Termine, Besetzung unter
Gärtnerplatztheater – Der Liebestrank

Melodramma giocoso von Gaetano Donizetti, Libretto Felice Romani

Kreative:
Musikalische Leitung: Michael Balke
Regie: Dirk Schmeding
Bühne: Martina Segna
Kostüme: Frank Lichtenberg
Choreographie: Kerstin Ried
Licht: Michael Heidinger
Choreinstudierung: Pietro Numico
Dramaturgie: Michael Alexander Rinz

Darstellende (Fettdruck die in der Vorstellung Erlebten):
Adina: Andreja Zidaric / Jennifer O’Loughlin
Nemorino: Matteo Ivan Rašić / Lucian Krasznec
Belcore: Matija Meić / Ludwig Mittelhammer
Dulcamara: Alexander Grassauer / Levente Páll
Giannetta: Mina Yu / Julia Sturzlbaum
Ein Gitarrist: Pedro Rogério Agular Silva
Dulcamaras Girls: Emmy Thomsen, Anayss Vittoria Ranalli, Olga Lavrentieva
Soldaten: Florian Hütter, Morris Jeyachandran, Jaro Neuschwander, Christian Roggenkamp

Chor und Extrachor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz