31. Oktober 2025, Theater am Marientor, Duisburg
„Endlich Nacht, kein Stern zu sehen…“
mehr als 1300 begeisterte Fans beim Ball des Jahres

Zum bereits achten Mal luden Vampire, Mörder, Phantome und andere dunklen Mächte am Halloweenabend zum MITTERNACHTSBALL nach NRW ein.
In einem sechsstündigen, in vier Akte aufgeteilten Konzertevent der Superlative mit sechsköpfiger Live-Band erwarten einen viele Schattengestalten aus der Welt des Musicals, die, passend zum Grusel-Datum, in eine musikalische Welt zwischen Tod, Albtraum und Mystery entführen.
Beim Betreten des Foyers des Theaters am Marientor bietet sich ein interessantes Bild: Wirklich nahezu alle Besucher sind der Dresscode-Bitte des Veranstalters, sich in rot-schwarz zu kleiden, gefolgt. Es liegt eine besondere Spannung und Vorfreude in der Luft, die Fans zeigen sich in aufwendigen und höchst phantasievollen Kostümen und drängen sich im Foyer. Bleichgeschminkte Unterweltsgestalten, Vampire unterschiedlichster Coleur, auffallend viele Ladys mit Bissspuren am Hals, gewandet in mal mehr, mal weniger geschmackvoll freizügigen Korsagen und Unmengen von Spitze und Tüll. Kurzum: Überall sieht man Charaktere aus den am Abend thematisierten Shows – sie alle fiebern aufgekratzt dem Beginn dieses besonderen Abends entgegen.
Nicht nur die Cast mit dem Who is Who der Musicalszene wird für einen ganz besonderen Abend sorgen, sondern auch der Umfang des Konzerts: Beginn 19:30h, Ende gegen ca. 01:30h. Nach Abzug der Pausen bedeutet dies fünf Stunden geballten Musikgenuss. Manch einer sorgt sich im Vorfeld, ob dies sitzfleisch- und aufmerksamkeitstechnisch als Zuschauer zu bewerkstelligen sein würde.
Doch diese Zweifel stellen sich größtenteils als unbegründet heraus, folgt doch im Programm ein Highlight auf das andere, so dass man sich gegen kurz vor halb zwei Uhr morgens zwar müde, aber auch angefüllt mit großem Entertainment Input empfindet. Eingefangene Stimmen von Zuschauern gingen tendenziell in die Richtung, dass ein um eine Stunde gestraffteres Programm möglicherweise bevorzugt würde.
Die Veranstalter entschieden aus Jugendschutzgründen, dass der Besuch des Konzertereignisses erst ab 18 Jahren erfolgen dürfe. Nun, angesichts der stückbedingten Frivolität im Rocky Horror Show Block mit blanken Hinterteilen, wogenden Busen und eindeutig zweideutigen Kopulationsszenen könnte man dies nachvollziehen. Jedoch in einem Zeitalter, in dem schon Zehnjährige via Smartphone mit pornografischem Schmutz konfrontiert werden, mutet diese Vorsichtsmaßnahme fast rührend an.
Als Moderator führt Multitalent Andreas Bieber erneut überaus charmant, pointiert und schlagfertig durch das Mammutprogramm.

Nun also hinein ins Vergnügen dieser schaurig-schönen Halloween Nacht. Blutrünstig geht es los mit Falcos „Jeanny“.

Soviel vorweg: In der aufwändigen und hochklassigen Show bekommen die enthusiasmierten Zuschauer grandiose Phantome, einen zerrissenen Arzt Dr. Jekyll, einen sensationellen Frank N’Furter und natürlich, von allen herbeigesehnt, vier Grafen von Krolock serviert, die keine Wünsche offenlassen.
Es beginnt mit dem Phantom-Block der beiden ALW-Hits Das Phantom der Oper und des Sequels Love Never Dies um den entstellten Künstler, der in den Katakomben der Pariser Opera Populaire und zehn Jahre danach auf Coney Island sein Unwesen treibt und dem naiven Chormädchen Christine nachstellt. Man kommt in den Genuss gleich zweier Phantome in Person von Jan Ammann und Thomas Borchert. Sie treffen auf zwei Christines, Froukje Zuidema und Navina Heyne, welche bei der titelgebenden Arie mit sich hochschraubenden Koloraturen glänzen.
Aus dem Sequel „Liebe stirbt nie“ beendet die grandiose Arie „So sehr fehlt mir Dein Gesang“ diesen Phantom-Block.


Es geht weiter mit einem „Dunkelheit“ titulierten Block mit sechs großartigen Arien. Der düstere Attentäter aus Ludwig2 besingt die gänsehauterzeugende „Schattenarie“, Dennis Henschel verkörperte diesen Charakter in den zurückliegenden Jahren häufig im Festspielhaus Neuschwanstein und überzeugt demgemäß vollends.

Aus dem neuen Freischütz Musical interpretiert Jan Ammann „Seele für Seele“,

Im „Feuer der Hölle“ befindet sich der sich nach Esmeralda verzehrende Erzdiakon Frollo aus dem Glöckner von Notre Dame – Alexander di Capri verleiht dem Kirchenmann Profil.

Der zu einem Biest verwunschene Prinz aus The Beauty and the Beast besingt verzweifelt in „Evermore“ seine Gefühle für Belle, überzeugt davon, dass sein Sehnen nie Erfüllung erfahren wird.
Als Einsteiger im Mitternachtsball erlebt man den am renommierten Staatstheater am Gärtnerplatz München höchst erfolgreichen Opernbariton Daniel Gutmann, der auch eine große Liebe fürs Musical hegt. Und mit seinem beeindruckenden Stimmumfang und Bühnenpräsenz sofort die Herzen des Publikums erreicht.

Weitere große Balladen in diesem Dunkelheit-Block sind die wunderschön mystischen „Boten der Nacht“ aus der Päpstin, gefühlvoll vorgetragen von Michaela Schober.
Und das rockige „Hurricane“ aus dem Wildhorn Musical Death Note, das Daniel Schumacher auf die Bühne nagelt.
Der dritte und größte Block in diesem Akt ist dem erfolgreichsten deutschsprachigen Musical, ELISABETH, der Maestri Levay & Kunze, gewidmet.
Und da schreitet schon, mit riesigem Beifall bedacht, Jan Ammann als seine Majestät, der Tod, herein und zelebriert seinen „Letzten Tanz“. Er übernimmt zusätzlich zu seinem nicht gerade geringen Pensum an diesem Abend auch noch den Tod-Part für den erkrankten Lukas Mayer. Respekt!

Die unglückliche Kaiserin Elisabeth beeindruckt – subjektiv gesehen – mit „Nichts, nichts, gar nichts“ weitaus mehr als mit „Ich gehör nur mir“. Was daran liegen mag, dass die letztgenannte Arie in so gut wie jedem Musicalkonzert zu hören ist und sich daher leichte Ermüdung – wie gesagt rein subjektiv betrachtet – beim Zuschauer einstellt. Navina Heyne und Marle Martens interpretieren diese berühmte Rolle bestens.
Erstaunlicherweise stellt sich der beschriebene inflationäre Effekt beim besten Männer-Duett des Genres, „Die Schatten werden länger“, hier interpretiert von Jan Ammann (Tod) und Jan Großfeld (Kronprinz Rudolf) nicht ein, es fasziniert immer noch.
Ein besonderer Moment in diesem Block ist das anrührende „Mama, wo bist Du“ des kleinen Rudolf, getröstet von seinem vermeintlichen Freund. dem Tod. Die begabte Isabella, Tochter von Michaela Schober, hat den kleinen Rudolf bereits auf der jüngst stattgefundenen ELISABETH Tournee gespielt und gesungen. Bravo!

Nach der Pause geht es weiter mit dem zweiten Akt. Mit „Jekyll & Hyde“ landete Frank Wildhorn seinen wohl größten Musicalerfolg. Die faszinierende Saga des Kampfes zwischen der guten und bestialischen Seite eines Menschen, vom Arzt Dr. Jekyll in einem verhängnisvollen Selbstversuch mit dem Elixier JH7 außer Kontrolle geraten, begeistert immer wieder, egal wie oft man diese grandiose Partitur auf einer Bühne erleben darf.
Und wenn die bezwingenden Arien, so wie hier geschehen, von Ausnahmekünstlern interpretiert werden, ist das schlichtweg ein Erlebnis. Die letztlich dem diabolischen Mr. Hyde zum Oper fallende Prostituierte Lucy ist bei Maricel bestens aufgehoben, die „Mädchen der Nacht“ beklagen ihr Schicksal im Rotlichtmilieu. Alles wird jedoch getoppt von Thomas Borchert als Jekyll und Hyde in der anspruchsvollen „Konfrontation“ – Gratulation.

Der nachfolgende Block, genannt Halloween Mix, startet mit Maricels Eigenkomponisition „Mörder unter sich“ und wird gefolgt von einem Abstecher ins Cornwall’sche geheimnisumwitterte Manderley, wo die sinistre Mrs. Danvers (Navina Heyne) ihre abgöttisch verehrte REBECCA betrauert und Maxim’s neue junge Frau, „Ich“ (Michaela Schober), demütigend einschüchtert.

Aus Babylon Berlin interpretiert Andreas Bieber „Zu Asche. zu Staub“ und wird höchst rockig abgelöst von der We Will Rock You Killer Queen Marle Martens mit einem tollen „Another One Bites the Dust“, aktuell spielt die Künstlerin gerade diese Rolle im Stuttgarter Palladium.
Der Block endet mit Daniel Schumacher, mit einer eindringlichen Nummer aus Bat Out of Hell.

Es folgen zwei Titel aus Dürrenmatts Novelle Der Besuch der Alten Dame, als Musical vor 12 Jahren am Thuner See in der Schweiz uraufgeführt.
Den Block beenden vier Arien – „Konfrontation“, „Sterne“,

„Bring ihn heim“ und „Javerts Selbstmord“ – aus dem Musical Welterfolg Les Misérables. Das Stück läuft mit riesigem Erfolg und durchgehend ausverkauften Vorstellungen im Staatstheater am Gärtnerplatz München mit den umjubelten Hauptdarstellern Filippo Strocchi (und Armin Kahl) als Jean Valjean und Daniel Gutmann (und Filippo Strocchi) als Inspektor Javert.

Nach einer weiteren Pause wird es grün und man startet kopfüber in die beiden bekanntesten Songs aus WICKED.


Das selten hierzulande gespielte Kander & Ebb Musical Der Kuss der Spinnenfrau spielt in einem südamerikanischen Gefängnis und erzählt von den beiden sich gegenseitig Beistand bei Folter und Schikanen gebenden Häftlingen Molina (Andreas Bieber) und Valentin (Daniel Gutmann).

Um die ihnen angetanen Grausamkeiten durchzustehen, flüchten sich beide in Tagträume, Valentin denkt voller Sehnsucht an seine Verlobte „Marta“ und Molina verehrt die Schauspielerin „Aurora“, welche als Spinnenfrau Titelfigur des Stücks ist. Den Titelsong gibt Navina Heyne entsprechend mysteriös und zwingend, der Block endet mit der eindrücklichen Chorsequenz „Am Morgen danach“. Der Musicalfilm mit Jennifer Lopez als Spider Woman kam aktuell gerade in den USA in die Kinos.


Und nun – endlich! – beginnt die Reise auf den Flügeln der Nacht nach Transsylvanien, zu den kultigen Untoten aus Tanz der Vampire, sehnlichst erwartet vom Auditorium,
Kein Mitternachtsball ohne dieses Kultmusical. Mit insgesamt elf Titeln huldigen Darsteller und Publikum diesem für Halloween prädestinierten Musicalerfolg. Und wenn Graf Krolock an Sarah seine Einladung zum Mitternachtsball ausspricht

dann legen schonmal fast automatisch die Ladies im Publikum den Hals frei 🙂

Höhepunkt der kompletten Show: vier Krolocks auf der Bühne. In Zweierkonstellationen (Borchert und di Capri sowie Ammann und Strocchi) machen sie an Sarah (Anja Wendzel) rum. Bei der „ToFi“ Riesengejohle, wenn Ammann und Strocchi gleichzeitig zubeissen.

Dann die „Unstillbare Gier“ von allen vier stimmgewaltigen Grafen, darauf haben die Leute gewartet und reißen vor Begeisterung fast die Hütte ein.
„Vater unser“ besingt abschließend Jan Ammann sein Schicksal und bittet um Gnade.

Und nach der letzten Pause geht es ab in Richtung Party-Modus: In der Rocky Horror Show geht die Post ab.
Andreas Bieber als sexbesessener „Sweet Transvestite“ dirigiert souverän und lasziv in Mieder, High Heels und String sowohl Bühnenkollegen als auch das Publikum. Alle bibbern „sh-sh-shivering in Antici…. „GEDULD!!“ – pation“.

Zur ausgelassenen Partystimmung werden bei „There’s a Light“ die Handytaschenlampen geschwenkt und man feiert ausgelassen den „Time Warp“ mit dem obligatorischen Jump to the Left zusammen mit den verklemmten Janet & Brad, dem manipulativen Riff-Raff, Magenta, Columbia, dem Lustobjekt Rocky und all den anderen schrägen Gestalten.
Das Ensemble gibt zu später Stunde nochmal alles und das Happening treibt seinem Höhepunkt entgegen:

Dem letzten Block, Halloween Party Mix. Hier ist nix mehr mit Musical, nur noch Pop-Party-Kracher. Thomas Borchert und seine Frau Navina Heyne hauen einen Bond-Titel raus „Another Way to die“,

Jan Ammann und Alexander di Capri großartig stimmgewaltig mit dem Metallica Klassiker „Nothing else matters“, das Ensemble mit Lady Gaga’s „Abracadabra“ und „Bad Romance„.
Die Eigenkomposition „Ich seh Dich“ von Dennis Henschel ist nochmal etwas ruhiger,

bevor es mit „Regenbogenfarben“ und „Wahnsinn – Hölle Hölle Hölle“ auf die Zielgerade geht mit allen beteiligten Künstlern auf der Bühne.

Fazit: Was für eine beeindruckende Leistung aller beteiligten Künstler und Kreativen! Band, Solisten, Ensemble und alle Helferlein hinter der Bühne geben alles. Mit Ausnahme gleich zu Anfang hat auch die Technik, Licht & Ton, hervorragend geklappt. Dies alles ist nur möglich mit höchst professioneller Organisation und entsprechender Erfahrung. Es gibt nichts Vergleichbares in diesem Bereich – sprichwörtlich „Wahnsinn“! Danke an Alle!
Das Publikum hat diesen Mitternachtsball wieder groß abgefeiert und die eindrücklichen Momente werden noch lange nachhallen. Und man freut sich bereits auf nächstes Jahr 31. Oktober …
Silvia E. Loske, November 2025

Eine Veranstaltung von Sound of Music Concerts, Konzept: Andreas Luketa
Musical Director: Christoph Bönecker
Regie und Choreographie: Yara Hassan
Tontechnik: Markus Danne, Licht: Benedikt Dillhagen
Fotos: Stephan Drewianka
