BEST OF MUSICAL – Gala 2012

18. Februar, 15 Uhr, Hanns-Martin-Schleyer-Halle Stuttgart

Acht Solisten und hunderttausend Watt

Es ist eine rasante Reise durch die Welt des Musicals, zu der Stage Entertainment im Rahmen der „Best of Musical – Gala 2012“ einlädt. Dieses Jahr steht die Show, die in zwölf deutschen Städten gastiert, unter dem Motto „Movie meets Musical“. Acht Solisten nehmen die Besucher mit zu den beliebtesten Songs aus populären Produktionen wie „Tanz der Vampire“, „Tarzan“, „König der Löwen“, aber auch zu eher unbekannteren Stücken wie „Mulan“. Ein Ausblick auf das neue Musical „Rocky“ rundet die Gala ab, bei der die Solisten beweisen: Am sichersten fühlen sie sich in Rollen, die sie bereits selbst gespielt haben oder aktuell spielen.

Die „Best of Musical – Gala 2012“ beginnt erwartungsgemäß mit einem Kracher: Die acht Solisten werden von Ensemble-Mitgliedern einzeln auf die Bühne eskortiert. Glitzer, Glamour, Disco: Die Kostüme, ganz in weiß und gold gehalten, unterstützen das Motto des Eingangssongs: „Hunderttausend Watt“. Das Orchester thront, in Ermangelung eines Orchestergrabens, auf einem Podest über der Bühne. Im Hintergrund stimmt eine großflächige Videoleinwand auf das jeweilige Musical ein – sei es in Form eines Schlosses bei „Tanz der Vampire“ oder der berühmten roten Windmühle aus „Moulin Rouge“. Vier fahrbare kleinere Videoleinwände auf zwei Ebenen schaffen zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten, ebenso wie die beiden verschiebbaren Treppen.

Nach dem schwungvollen Opening startet Patricia Meeden mit Dreamgirls aus dem gleichnamigen Musical in den Nachmittag. Ihr Auftritt bleibt etwas blass und wenig stimmgewaltig – generell kämpfen die Solisten die ganze Show über gegen die Technik und eine zu geringe Lautstärke ihrer Mikrofone. Gemeinsam mit David Michael Johnson (DMJ) singt Patricia Meeden als nächstes„When I first saw you. Eine solide Leistung, jedoch ein Auftritt, der im Vergleich mit anderen der Show weniger im Gedächtnis bleibt. Der Dreamgirls-Block wird abgeschlossen von One Night Only, das Patricia Meeden gemeinsam mit dem Ensemble in wunderbar passenden Disco-Kostümen darbietet.

Kann es wirklich Liebe sein?

Die nächste Station im Showprogramm ist das Erfolgs-Musical „König der Löwen“. Den Einstieg in die Savanne Afrikas macht das Ensemble mit dem etwas langatmigen Stück Grasland Chant, bevor Solist Mathieu Boldron mit Endlose Nacht übernimmt. Ihm gelingt es, die Gefühle des verlassenen Löwensohns lebendig darzustellen. Auch das Duett mit Patricia Meeden, Kann es wirklich Liebe sein nimmt das Publikum emotionsreich mit.

Umso heftiger ist der Bruch zum nun folgenden „Tanz der Vampire“-Block. Anders als bei der Original-Produktion verlassen die Vampire die Bühne nicht durch das Publikum – sie kommen über die Gänge auf die Bühne gelaufen. Die Kostüme fallen dezenter aus, sind aber nicht weniger eindrucksvoll. Wer „Tanz der Vampire“ im Original kennt, wird jedoch vom Vampirgrafen Yngve Gasoy-Romdal möglicherweise etwas enttäuscht sein. Obwohl er ein imposantes Erscheinungsbild abgibt, will der vampirische Funke nicht überspringen, daran kann auch der Biss im Tanzsaal, der Wirtstochter Sarah alias Elisabeth Hübert zur Vampirin macht, nichts ändern. Deutlich sicherer ist dagegen „Alfred“ Alexander Klaws, der die schöne Wirtstochter retten will. Man merkt ihm an, dass er die Rolle bereits ensuite gespielt hat.

 „Rebecca“ bildet den Höhepunkt

Wunderbar überzeugend präsentiert sich Yngve Gasoy-Romdal im nächsten Teil des Programms im aktuellen Stuttgart-Musical „Rebecca“. Er gibt den englischen Adligen Maxim de Winter mit der richtigen Mischung aus Snobismus und Edelmut und findet in Sabrina Weckerlin die optimale Partnerin für das Duett Jenseits der Nacht. „Rebecca“ wird jedoch überstrahlt von der großartigen Pia Douwes, die Ausschnitte aus ihrer Rolle als Haushälterin Mrs Danvers präsentiert. Sie ergibt sich nicht und Rebecca vermitteln eindrucksvoll die mittlerweile 25-jährige Bühnenerfahrung der gebürtigen Holländerin. Beide Songs prägen sich als Höhepunkte des ersten Akts ein.

Zunächst entführen jedoch im ersten Teil des Nachmittags Sabrina Weckerlin und DMJ das Publikum in die Welt von „Dirty Dancing“. Die bekannten Songs wie Do you love m“, Time of my life und Yes reißen das Publikum mit, die fetzigen Tänze der Ensemble-Mitglieder tun ihr Übriges, um die Stimmung in der Schleyerhalle zu heben. In der Masse der Tanzenden gehen die beiden Solisten jedoch fast etwas unter.

Den Abschluss des ersten Akts bilden Ausschnitte aus dem Musical „Mamma Mia!“. Elisabeth Hübert beginnt mit Mich trägt mein Traum. Für Begeisterung sorgt dann erneut Pia Douwes mit einer äußerst humorvollen Interpretation von Mamma Mia, bei der ein Akkuschrauber als Sinnbild ihrer gespielten Verzweiflung herhalten muss. „Ihre“ drei Männer werden verkörpert von Yngve Gasoy-Romdal, Alexander Klaws und DMJ, wobei ersterer das lässigste Bild abgibt. Der Kassenschlager Dancing Queen bildet schließlich den furiosen Schlusspunkt des ersten Akts, bei dem erneut Pia Douwes die stärksten Akzente setzt.

Lianenakrobatik aus „Tarzan“

Der zweite Akt beginnt mit einem weiteren Erfolgsmusical von Stage Entertainment: „Tarzan“. Mathieu Boldron und das Ensemble vermitteln dem Publikum den Krach im Lager und intonieren anschließend Du hast einen Freund“. Zwei Darsteller hängen am Flugseil und geben einen kleinen Eindruck von der Lianenakrobatik des Originals. Seine ganze Stärke spielt der Hamburger „Tarzan“ Alexander Klaws aus. Man merkt ihm an, dass der Urwaldjunge seine Paraderolle ist – er füllt sie nicht nur stimmlich, sondern auch schauspielerisch aus und macht in Fremde wie ich und gemeinsam mit Elisabeth Hübert in Dir gehört mein Herz Lust auf einen Besuch des Musicals in der Hansestadt. Zum Abschluss des „Tarzan“-Blocks singt Alexander Klaws mit Mathieu Boldron und dem Ensemble So ein Mann.

Der Übergang zum nächsten Programmteil, „Rapunzel – Neu verföhnt“ wirkt etwas holprig, auch wenn Pia Douwes mit Mutter weiß meh erneut überzeugen kann. Generell wirken die Ausschnitte aus dem Stück jedoch sehr klischeehaft und überzogen. Zu Endlich sehe ich das Licht fahren Alexander Klaws und Sabrina Weckerlin dazu passend in einer Gondel über die Bühne – etwas weniger Märchen-Kitsch wäre besser gewesen.

Willkommen im Disneyland

Eine Welt in rosa Zuckerguss, garniert vom Disney-Schloss und einem Regenbogen auf der Videoleinwand, erscheint im nächsten Teil, dem „Disney-Medley“. Die Solisten, bis auf Pia Douwes und Sabrina Weckerlin, singen ihn gemeinsam. Dargeboten werden verschiedene Titel aus den Musicals „Rapunzel“, „Der Glöckner von Notre-Dame“, „Herkules“, „Arielle, die Meerjungfrau“, „Mulan“, „Die Schöne und das Biest“,“Pocahontas“ und „Aladdin“. Leider zerfließen die einzelnen Stücke zu sehr ineinander, im Gedächtnis bleiben lediglich Das Farbenspiel des Winds aus „Pocahontas“ und Flieg mit mir um die Welt aus „Aladdin“.

Erneut folgt ein heftiger Bruch im Programm: An die heileDisney-Welt schließen sich Ausschnitte aus „Burlesque/Moulin Rouge“ an. Pia Douwes tänzelt zu Welcome to Burlesque genauso leicht bekleidet auf die Bühne wie die restlichen Solisten-Damen dann zu Lady Marmalade. Obwohl die knappen Kostüme zum Thema passen und gut gelungen sind, hätte man sich etwas mehr Textilien und etwas mehr Feuer bei der Interpretation gewünscht. DMJs Roxanne, das er gemeinsam mit Alexander Klaws zum Besten gibt, ist einen Hauch zu rockig. Show me how to Burlesque von Sabrina Weckerlin beendet den Block.

Tanzende Nonnen

Der letzte Teil des Programms ist dem Musical “Sister Act” gewidmet. Hier kann Patricia Meeden ihre Stärke ausspielen und Mathieu Boldron überzeugt als hilflos-schüchterner Offizier Schwitze Fritze. Für überraschende Effekte sorgen seine Quick-Change-Kostümwechsel, raus aus der Uniform in den Partydress und wieder zurück. Die „Nonnen“ tragen Glitzerkostüme, die Mönche Glitzerkutten und zu Lass die Liebe rein rocken  wieder alle Solisten die Bühne. Zum Schluss zeigen sie sich noch einmal im Outfit, das sie zu Beginn der Show getragen haben – hunderttausend Watt, der Spannungsbogen ist geschlossen.

Als Bonbon gibt es eine Vorschau auf das neue Musical „Rocky“, das im November dieses Jahres seine Premiere in Hamburg feiern wird. Die Solisten geben zum Gassenhauer „Eye of the Tiger“ einen ersten Einblick in die neue Produktion. Erstaunlicherweise reißen nicht nur die Musik, sondern auch die Boxer auf der Bühne im imaginären Ring sofort mit. „Rocky“ könnte eine Reise nach Hamburg wert sein.

Ein großes Lob geht an das hervorragende Orchester unter Leitung von Bernhard Volk. Es schafft die Übergänge zu den verschiedenen Produktionen professionell und mit spielerischer Leichtigkeit. Die Choreographien von Jani Walsh-Weber hätten etwas ausdrucksstärker sein können, in manchen Blöcken wirken sie fast  beliebig. Überzeugend sind dagegen das Bühnenbild von Jürgen Schmidt-André und das Lichtdesign von Manfred Olma. Beide holen unter den Bedingungen einer Tournee-Produktion das Optimale heraus und schaffen immer wieder neue Stimmungen auf der Bühne.

Alles in allem liefert die Best of Musical – Gala 2012 einen schönen Überblick und erste Eindrücke der vorgestellten Produktionen. Gelungen sind dabei vor allem die Einblicke in „Rebecca“, „König der Löwen“ und „Tarzan“. Bei den Solisten überzeugen Pia Douwes, „Tarzan“ Alexander Klaws, Yngve Gasoy-Romdal sowie Sabrina Weckerlin – sie können Akzente setzen und machen Lust auf mehr. „Hunderttausend Watt“ erreichen die acht Solisten damit zwar nicht, aber achtzigtausend sind es allemal.

(sk)

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Programm

Titel Interpret
1. Akt, Opening  
Hundertausend Watt Mathieu Boldron, Pia Douwes, Yngve Gasoy-Romdal, Elisabeth Hübert, DMJ, Alexander Klaws, Patricia Meeden, Sabina Weckerlin und Ensemble
Dreamgirls  
Dreamgirls Patricia Meeden und Ensemble
When I First Saw You DMJ und Patricia Meeden
One Night Only Patricia Meeden und Ensemble
Disneys König der Löwen  
Grasland Chant Ensemble
Endlose Nacht Mathieu Boldron
Kann es wirklich Liebe sein Mathieu Boldron, Patricia Meeden und Ensemble
Tanz der Vampire  
Ewigkeit Yngve Gasoy-Romdal und Ensemble
Tanzsaal Yngve Gasoy-Romdal, Elisabeth Hübert und Ensemble
Draußen ist Freiheit Elisabeth Hübert und Alexander Klaws
Rebecca  
Ich hab geträumt von Manderley Sabrina Weckerlin
Sie ergibt sich nicht Pia Douwes
Kein Lächeln war je so kalt Yngve Gasoy-Romdal
Jenseits der Nacht Yngve Gasoy-Romdal und Sabrina Weckerlin
Rebecca Pia Douwes
Dirty Dancing – Das Original Live on Stage  
Do You Love Me Sabrina Weckerlin und Ensemble
Time Of My Life DMJ, Sabrina Weckerlin und Ensemble
Yes Sabrina Weckerlin und Ensemble
Mamma Mia!  
Mich trägt mein Traum Elisabeth Hübert
Mamma Mia Pia Douwes, Yngve Gasoy-Romdal, DMJ, Alexander Klaws und Ensemble
Dancing Queen Pia Douwes, Yngve Gasoy-Romdal, DMJ, Alexander Klaws, Patricia Meeden, Sabrina Weckerlin und Ensemble
2. Akt, Disneys Musical Tarzan  
Krach im Lager Mathieu Boldron und Ensemble
Du hast einen Freund Mathieu Boldron und Ensemble
Fremde wie ich Alexander Klaws und Ensemble
Dir gehört mein Herz Elisabeth Hübert und Alexander Klaws
So ein Mann Mathieu Boldron, Alexander Klaws und Ensemble
Rapunzel – Neu verföhnt  
Mutter weiß mehr Pia Douwes und Ensemble
Endlich sehe ich das Licht Alexander Klaws und Sabrina Weckerlin
Disney Medley  
Ich hab nen Traum (Rapunzel) Mathieu Boldron, Yngve Gasoy-Romdal, Elisabeth Hübert, DMJ, Alexander Klaws, Patricia Meeden und Ensemble
Gott deine Kinder, Einmal (Der Glöckner von Notre-Dame) s.o.
Bleibt nur die Hoffnung, Ich werd’s noch beweisen, Ich will keinen Mann (Herkules) s.o.
Ein Mensch zu sein, Arme Seelen in Not (Arielle, die Meerjungfrau) s.o.
Ich mach dich zum Mann (Mulan) s.o.
Belle (Die Schöne und das Biest) s.o.
Das Farbenspiel des Winds (Pochahontas) s.o.
Flieg mit mir um die Welt (Aladdin) s.o.
Burlesque/Moulin Rouge  
Welcome to Burlesque Pia Douwes und Ensemble
Lady Marmalade Pia Douwes, Elisabeth Hübert, Patricia Meeden, Sabrina Weckerlin und Ensemble
Roxanne DMJ, Alexander Klaws und Ensemble
Show Me How To Burlesque Sabrina Weckerlin und Ensemble
Sister Act  
Tief in mir Mathieu Boldron und Ensemble
Fabelhaft Baby (Reprise) Patricia Meeden und Ensemble
Lass die Liebe rein Alle Solisten und Ensemble