STARS OF MANDERLEY

Benefiz-Gala Palladium Theater Stuttgart, 27.11.2012

Vor ausverkauftem Haus – sämtliche Einnahmen kamen dem wohltätigen Zweck, der Olgäle-Stiftung für das kranke Kind e. V. in Stuttgart, zugute – durfte man eine ganz außergewöhnliche, wundervolle Benefiz-Gala erleben.

Initiatoren dieses mit sehr viel Vorarbeit und Proben verbundenen Events sind die aktuell noch wenige Wochen bis zum Ende des Musicals „Rebecca“ als Bee und Giles besetzten Darsteller Kerstin Ibald und Udo Eickelmann, unterstützt von Maike Switzer.

Mit unendlich viel Liebe zum Detail zauberten alle Cast-Mitglieder sowie die 37 Orchestermitglieder unter Leitung von Klaus Wilhelm eine eindrucksvolle Show auf die Bretter, die noch lange in Erinnerung bleiben wird. Konzipiert ist das Konzert im ersten Akt als Hommage an die großen, Musical Blockbuster, die Darsteller alle in prächtiger Abendgarderobe. Im zweiten Teil geht es dann legerer zu, dieser Akt enthält viele kleine musicalische Kostbarkeiten, die nicht mainstreamig bekannt sind.

Als sich der Vorhang hebt, sehen wir in ihren Originalkostümen Bee & Giles, Frith und Robert schleppen eine antike Kiste an, deren Inhalt von der mysteriösen Rebecca stammt und die neben später zum Einsatz kommenden Utensilien deren Anweisung zur Durchführung einer Wohltätigkeitsgala enthält. Mit einem witzig-verdrehten Dialog zum Thema „ach, Giles, lass uns doch ein rauschendes Fest, eine Wohltätigkeitsgala veranstalten, das wäre lustig“, darauf Robert schlagfertig „und wir hätten endlich eine Aufgabe!“ Und weiter: „Die Presse wird eine Sensation daraus machen“ – oh ja! Und genau das machen wir jetzt!

Das auf der Bühne platzierte Orchester beginnt mit der Palladium Overture, einem Medley der beliebtesten und bekanntesten Ohrwürmer-Titelmelodien der großen Musical-Erfolge, die alle schon im Stuttgarter Theater liefen, darunter CATS, Phantom der Oper, Rebecca, Tanz der Vampire, Elisabeth, Die Schöne und das Biest, Mamma Mia! und Wicked.

Bee & Giles führen in ihren schrulligen Charakteren charmant und äußerst humorvoll durch den Abend, viele Bonmots und Zitate aus „Rebecca“ werden geschickt eingewoben und das Rebecca-kundige Publikum dankt es mit Lachsalven. Die beiden Darsteller gehen einfach kongenial in ihren Rollen auf, die Charaktere scheinen wie für sie geschaffen.

Giles leitet über zu den ersten musikalischen Blöcken „3 Muskeltiere“, „Der Schöne und das Biest“ und „Das Phantom vom Opa“.

Sei hier Gast ist somit logischerweise der Opener und bringt alle Darsteller des Abends schwungvoll choreographiert auf die Bühne. Plötzlich taucht am rechten Bühnenrand die überaus konsterniert dreinblickende Mrs. Danvers auf, mit Kerzenhalter in der Hand, und beäugt missbilligend das fröhlich-bunte Treiben auf Manderley, herrlich Pia Douwes‘ Mimik!

Die drei Maxim de Winter Mimen Jan Ammann, Arvid Larsen und Raphael Dörr folgen mit der schmissigen Hymne Einer für Alle aus den „3 Musketieren“, anschließend kommen wir in den Genuss der dreistimmigen Ballade Wer kann schon ohne Liebe sein.

Weiter geht es in die Katakomben der Pariser Opera Populaire, wo das Phantom (Gerd Achilles) sein Unwesen treibt und sich nach dem Chormädchen Christine Daaé (Maike Switzer) verzehrt. Drei Titel aus diesem Stück hören und sehen wir, das Titelduett Phantom der Oper, die Musik der Nacht und Mehr will ich nicht von Dir, das Duett von Christine & Raoul (dargeboten von Christian Kerkhoff und Lena Brandt).

Es folgen zwei Blöcke von Compilation Musicals, ein „Mamma Mia!“ Medley und der Titelsong aus „Hinterm Horizont“.

Kräftig was zu lachen gibt es beim Wicked-Block: Nach der grün-beschwingten Ensemblenummer Nur ein Tag in der grünen Smaragdstadt folgt  Heißgeliebt und treibt dem Publikum die Lachtränen in die Augen: Es erscheint im Originalkostüm die „Ich“ (Valerie Link), singt den Glinda-Song und versucht  die stocksteif vor dem Rebecca-Frisiertisch sitzende Mrs. Danvers, die als Elphaba herhalten muss, stylish aufzuhübschen. Komplettiert wird der Wicked-Block noch mit Wie ich bin und natürlich der Belting-Hymne schlechthin, Frei und schwerelos (Petra Clauwens).

Es geht weiter mit zwei Titeln aus „Elisabeth“. Pia Douwes bringt „ihren“ Song Ich gehör nur mir auf einem Barhocker sitzend ganz anrührend intim-jazzig reduziert, begleitet nur von Akustikgitarre, Klarinette und Geige, zur Darbietung. Genau DAS macht diesen rundum gelungenen Abend aus: Titel, die der Musical-Anhängerschaft längst in Fleisch und Blut übergegangen sind, werden „anders“ präsentiert, das ist sehr charmant und hat einen ganz eigenen Reiz. Die Schatten werden länger gehört natürlich auch zum Pflichtprogramm eines Elisabeth-Blocks, dieses Männer-Duett ist einfach immer wieder packend, einfach großartig. Schade, dass der im Programm angekündigte Der letzte Tanz nicht stattfand, dies war dem randvoll gepackten und zeitlich mega-engen Probenplan geschuldet, wie Musical Reviews von Darstellerseite erfuhr.

Morbid-lustig-schaurig wird es dann beim Medley des Kultmusicals „Tanz der Vampire“. Alles ist hell präsentiert uns neben Wirtin Rebecca, Magda und dem sich mit einer Karotte im Ohr pulenden Dorftrottel einen urkomischen Professor Abronsius (Jakub Wocial), der einfach der Bequemlichkeit halber seinen Wahrheit-Stakkato-Part auf polnisch singt. Dass unmittelbar zum Ende von des Professors Kopfstimmen-gesteigerter Arie plötzlich Max de Winter (Jan Ammann) auftaucht und sein zerspringendes Weinglas, das den hohen Tönen geschuldet ist, zu Boden fallen läßt, sorgt zusätzlich für Heiterkeit. Die muttersprachliche Singerei scheint abzufärben, denn der Alfred (Fredrik Andersson) bedient sich auch gleich mal dieser Methode und singt sein Für Sarah ebenfalls in seiner Muttersprache, auf schwedisch. Anschließend kommt von rechts in großer weinroter Robe und neugierig-zaudernd sich umblickend der Krolock’sche Appetithappen Sarah, und von der Treppe herab schwebt er bedrohlich näherkommend, hypnotisch-donnernd Sei bereit intonierend, der Graf himself. Jubel im Publikum – die Totale Finsternis hüllt alle ein, und wohlig-erschauernd hängen sie an den gräflichen Lippen. Natürlich hat der Graf vorgesorgt und seine Dritten eingepackt, damit der von allen bibbernd herbeigesehnte Fast-Biß dann auch stilecht zelebriert werden kann. Müßig zu erwähnen, dass Jan Ammann und Christina Patten dieses Kult-Duett gänsehauterzeugend performen, ein Aufseufzer geht durchs Auditorium, als der Graf seine willenlose Beute hochnimmt und würdigen Schrittes von der Bühne trägt.

Beendet wird der erste Teil des Abends mit Monty Python’s Always Look on the Bright Side of Life aus „Spamalot“, dem Mitschnipp- und Mitklatsch-Klassiker. Ein offensichtlich höchst frustrierter Frith (Matthias Graf) versucht in dessen Verlauf mittels Feuerzeug die Manderley’sche Treppe abzufackeln, Einhalt wird ihm vom bestens gelaunten Robert (Christian Kerkhoff) geboten.

Der zweite Akt beginnt mit einem Film über die Olgäle-Stiftung und deren vielfältiges und vor allem sinnvolles Engagement. Im Anschluss bedankt sich die Stiftungsvorsitzende Dr. Schuster für die wunderbare Gala, die engagierten Beteiligten und das mehr als zahlreiche Besucheraufkommen im proppevollen Palladium Theater.

Wir erfahren von Bee & Giles, dass man sich zu einer gewissen Mrs. van Hopper nach New York aufmachen werde, um diese reiche Skandalnudel um Spenden für das Olgäle anzuhauen. Nun denn – auf in den Big Apple!

Nach einem vierstimmig vorgetragenen The New World aus dem Stück „Songs for a New World“ folgen die beiden bestens bekannten und swingenden Titel aus Smokey Joe’s Cafe, On Broadway, gesungen und getanzt vom schmuck anzusehenden Männerensemble. Die rockige Frauenpower-Nummer I’m a Woman hauen die drei Ladys Lena Brandt, Melanie Walter, Christina Maria Brenner mit gehörigem Schmackes röhrend auf die Bühne – holla die Waldfee…!

Zwischendurch irrt Giles herum, er hat in New York seine Bee verloren und haut einen des Weges kommenden jungen Mann an „Hello“ – darauf dieser „Hi, I’m Ben“ Giles: „Haben Sie meine Frau gesehen – groß und grün“? Ben – „sie’s fooort“, zustimmendes Nicken von Giles, darauf Ben „Ben nix gesehn, Ben nix gemacht“. Köstlich!

Und ja, Giles, es hat doch tatsächlich schon mal jemand „ein Lied zu New York“ geschrieben, musst es nicht selber machen! New York, New York beschert uns ein Wiedersehen mit Mrs. van Hopper (Mona Graw), die sich mit dem elegant gestylten Jörg Neubauer ein Duett-Duell liefert – Ausgang unentschieden!

Dann kommt ein Höhepunkt, wenn nicht gar der stimmliche Höhepunkt überhaupt, des Abends: Die Ladys Maike Switzer, Michaela Schober und Kerstin Ibald servieren uns ein „Webber Love Trio“ zum Dahinschmelzen. Die drei wunderschönen Balladen Love Changes Everything, Unexpected Song und I don’t know how to love Him werden zuerst von jeder Solistin interpretiert, um dann im weiteren Verlauf der Darbietung zu einer Einheit zu verschmelzen. Diese drei so unterschiedlichen Stimmen harmonieren aufs Vorzüglichste, ein Ohrenschmaus der Extraklasse.

Nach diesem ergreifenden Balladen-Trio gibt es wieder Arbeit für die Lachmuskeln: Der berühmte Zellenblock-Tango aus Chicago bietet uns fünf (auf-)reizende und knappest gewandete Mörderinnen, die uns – jede in einem anderen Dialekt! – davon überzeugen wollen, dass sie (ihre gemeuchelten Männer) es „so gewollt haben“. Also: Hätte ich die Lyrics ohnehin nicht schon auswendig gekannt, ich hätte wohl nur die Hälfte der Texte mitbekommen – dies zum Teil aufgrund der breitest servierten Dialekte und zum anderen Teil bedingt dadurch, weil vieles in den Lachsalven des Publikums schlichtweg unterging – tja, der „gespreizte Doppeladler“ hat es definitiv in sich :-))

Kaum erholt von diesem Kabinettstückchen geht’s schon wieder in die Vollen, nämlich in „The Full Monty“. Sie machen es tatsächlich, die Ensemble-Jungs… zur legendären Stripnummer Let it go entledigen sie sich unter dem ungläubigen Staunen des Publikums ihrer Klamotten und machen sich nackig – mutig, mutig! Der Abgang des überaus ansehnlichen Hendrik Schall liefert noch eine entzückende Hinteransicht. Bee sammelt schnappatmend-verzückt die wild auf der Bühne verstreuten Kleidungsteile ein und konstatiert, dass ihr jetzt aber warm geworden sei und ihr dieses New York nun wirklich anfinge, zu gefallen!

Wir sammeln uns mühsam wieder *räusper* und lauschen dem folgenden hierzulande relativ unbekannten Titel Being Alive aus dem Stück „Putting it Together“, fünfstimmig performt.

Die zwei smarten Maxims, Jan Ammann und Arvid Larsen, lassen uns sodann teilhaben an ihrem Streit-Duett You’re Nothing without me aus „City of Angels“, in welchem jeder versucht, den anderen zu übertrumpfen.

Ach, und da finden sich auch endlich wieder Giles & Bee und stellen aufatmend erleichtert fest, dass einer ohne den anderen nichts ist.

Und schon naht – wie zum Henker ist nur so schnell die Zeit verflogen? – das Finale. Die Gänsehauthymne Morgen Schon aus dem Blockbuster „Les Misérables“ bringt uns nochmal alle Darsteller auf die Bühne, wir sehen die Charaktere Marius, Enjolras, Jean Valjean, Inspektor Javert, Eponine, Cosette, Fantine und all die anderen wunderbaren Figuren aus diesem Jahrhundertstück.

Tosender Beifall. Natürlich gibt es noch Zugaben: Aus „Sweet Charity“ Rhythm of Life und dann noch A Better World to Live in, eine ganz zarte, zu Herzen gehende Chornummer aller Beteiligten, die uns zum Sinn der Benefiz-Gala zurückführt.

Fazit:

Wochenlange intensive Proben- und Arrangementarbeit steckte in diesem Projekt. Jeder war mit viel Herzblut dabei, opferte viele freie Tage und Zeit vor den Rebecca-Shows zum Einstudieren. Das Konzept war optimalst durchdacht, die Übergänge nachvollziehbar, die Moderationen, wie eingangs schon erwähnt, ein Traum. Das Orchester lieferte wunderbar volltönenden satten Sound, die Choreographen (Hendrik Schall, Fredrik Andersson, Melanie Walter) sorgten für geschmeidige Bewegungsabläufe auch bei den Nicht-Tänzern, das Lichtdesign zauberte atmosphärische Momente, und auch die Soundaussteuerung war diesmal ohne Makel (bis auf zwei- oder dreimal zu Liedbeginn noch nicht aufgeschaltete Mikros von Solisten – aber dies ist bei der Vielzahl der das Konzert bestreitenden Darsteller mehr als verzeihlich).

Bei den Darstellern konnte jeder Einzelne zeigen, was in ihm steckt. Viele hervorragende Stimmen von Ensemblemitgliedern in solistischen Titeln, Duetten, Trios beeindruckten zutiefst. Die Hauptdarsteller-Stars reihten sich bescheiden in das Team ein und waren somit gleichwertiger Teil des Ganzen.

Sogar verletzte Darsteller ließen es sich nicht nehmen, mitzuwirken (Hannes Staffler, Michaela Schober, Petra Clauwens) – auch daran kann man erkennen, wieviel jedem dieses Projekt bedeutete.

Und last but not least konnte der Präsidentin der Olgäle-Stiftung ein Scheck über 43.000 Euro für die gute Sache überreicht werden. Die Summe wird noch nach oben aufgerundet, die Erlöse aus im Foyer verkauften Merchandising-Artikeln, aufgestellten Spendenboxen und den am Ausgang noch sammelnden Darstellern kommen noch hinzu.

Danke an alle Beteiligten für diesen wundervollen Abend!

 (Silvia E. Loske), November 2012

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Setlist

MUSIKTITEL INTERPRET/-IN
   
Akt 1  
Palladium Ouverture Orchester 
Die Schöne und das Biest-Medley- Sei hier Gast- Zuhaus/Sei hier Gast  EnsembleWiebke Wötzel / Ensemle 
3 Musketiere-Block- Einer für Alle- Wer kann schon ohne Liebe sein Jan Ammann/Arvid Larsen/Raphael Dörr/Helena Blöcker/Pia Douwes/Petra Clauwens 
Phantom der Oper– Medley- Phantom Duett- Musik der Nacht- Mehr will ich nicht von Dir Maike Switzer/Gerd Achilles/Lena Brandt/Christian Kerkhoff 
Mamma Mia!– Medley- Dancing Queen- Mamma Mia!- Waterloo Mona Graw/Melanie Walter/Christina M. Brenner
Hinterm Horizont– Hinterm Horizont  Hannes Staffler/Denise Jastraunig 
Wicked– Block- Nur ein Tag- Heißgeliebt- Wie ich bin- Frei und schwerelos Ensemble/Valerie LinkChristina Patten/Lena BrandtPetra Clauwens/Ensemble 
Elisabeth– Block- Ich gehör nur mir- Die Schatten werden länger Pia Douwes/Carl v. Wegberg/Chr.Apfelbeck/Ensemble 
Tanz der Vampire– Block- Alles ist hell- Für Sarah- Totale Finsternis  J. Wocial/M. Schober/F. Andersson/Chr. Brenner/Fredrik Andersson/Christina Patten/Jan Ammann 
Spamalot– Always look on the Bright Side of Life  Matthias Graf/Christian Kerkhoff/Ensemble 
   
Akt 2  
Film über das Olga Krankenhaus Ansprache Frau Dr. Schuster 
Songs for a New World– The New World  Jörg Neubauer/Christoph Apfelbeck/Wiebke Wötzel/Denise Jastraunig 
Smokey Joe’s Cafe– On Broadway- I’m a Woman A. Larsen, J. Ammann, C. v. Wegberg,  Chr. Kerkhoff, F. Andersson, H. Schall, J. Wocial, M. Graf, R. Dörr Christina Brenner, Lena Brandt, Melanie Walter 
New York, New York– New York,New York  Jörg Neubauer/Mona Graw 
Andrew Lloyd Webber– Love Trio  Maike Switzer/Michaela Schober/Kerstin Ibald 
Chicago– Cellblock Tango Mona Graw/Pia Douwes/Helena Blöcker/Wiebke Wötzel/Melanie Walter 
The Full Monty– Let it Go  C. v. Wegberg/Chr. Kerkhoff/H. Schall/R. Dörr/O. Heim 
Putting it Together– Being Alive  U. Eickelmann/V. Link/J. Wocial/P. Douwes/M. Graf
City of Angels–  You’re Nothing Without Me  Jan Ammann/Arvid Larsen 
Finale: Les Misérables– Morgen schon  Ensemble 
Zugaben:  
Sweet Charity– Rhythm of Life    Carl van Wegberg/Ensemble   
– A Better World to Live in Ensemble