DER MANN VON LA MANCHA – Staatstheater am Gärtnerplatz, München

 Credit Christian Zach.2

(Foto: Peter Zach, Gärtnerplatztheater)

Produktion des Gärtnerplatztheaters München, Premiere Reithalle am 2.10.2013

Eine rechteckige kahle Spielfläche, stirnseitig gehen auf jeder Seite die Zuschauerplätze fast als Tribünen hoch, das Orchester, aufgepeppt um eine zusätzliche Gitarren- und Rhythmusgruppe, ist integriert in einer der Tribünen und für das Publikum unsichtbar.

Endzeitstimmung auf der Spielfläche. Alle Darsteller sind dort bereits versammelt, während der Zuschauereinlass ist. Brennende Mülltonnen, abgerissene Lumpengestalten, die sich gegenseitig beklauen. Trostlose Gefängnisatmosphäre, jeder belauert jeden, Aggressionen kochen hoch, münden in Handgemengen. Mittendrin tauchen nahezu überfallartig furchterregende Wärter-Units in schwarzen Kampfanzügen auf, maßregeln harsch die Gefängnisinsassen, verbreiten Angst und Schrecken.

Man ist sofort mittendrin in diesem Stück, das fast wie ein Sprechstück mit dazwischengestreuten Musiktiteln daherkommt, weniger wie ein klassisches Musical. Josef E. Köpplinger ist mit seiner zweistündigen, ohne Pause durchgezogenen Inszenierung, die in der Gegenwart angesiedelt ist, mit stimmigem Lichtdesign und einem hinreissenden Ensemble ein packender Theaterabend gelungen. Requisiten werden nur äußerst spärlich eingesetzt, so wird bei Bedarf ein Holztisch, ein paar Holzbänke, eine Truhe verwendet. Alles andere, das sich in den phantastischen Hirngespinsten des Don Quijote abspielt, wie die Windmühlen, die Schlösser, Herbergen usw. wird mit einfachsten Materialien wie Holzbrettern und einer Leiter dargestellt – mehr braucht es nicht, kann doch der Zuschauer mühelos durch das mitreißend engagierte Spiel der Darsteller den entstehenden Bilderwelten folgen.

Ein besonderer Hingucker sind definitiv die beiden rollenden Gespanne, mit denen Pferd Rosinante und der Esel die Charaktere Don Quijote und seinen treuen Sancho Pansa befördern. Zwei Tänzer stellen Pferd und Esel mit einfachsten Materialien wie übergeworfenen Decken und stilisierten Tierköpfen dar. Zum Leben erweckt wird die tierische Verkleidung jedoch erst durch die überaus exakte Choreographie tiergattungsspezifischer Eigenheiten wie das kapriziöse Getänzle des Pferdes und das zum Teil sture und bockige Verhalten des Eselchens. Dies kombiniert mit perfekter „Beinarbeit“ lässt die Illusion erstehen, dass hier wirkliche Tiere auf der Bühne umhertraben – einfach großartig! Ach ja, aus Eimern getränkt und gefüttert werden die beiden Huftiere natürlich auch, wobei sich Pferd Rosinante geschmäcklerisch lieber am Eimerinhalt des Esels delektiert. Szenenapplaus für die beiden „Vierbeiner“ ist daher mehr als gerechtfertigt.

Mann von La Mancha.Pro1

(Foto: Peter Zach, Gärtnerplatztheater)

Die Hauptrollen sind mit Erwin Windegger als unerschrocken seinen unmöglichen Traum verfolgenden Cervantes/Don Quijote, Peter Lesiak als bodenständigem, gewitzten Diener/Sancho Pansa und mit Carin Filipcic als zunächst abweisend desillusionierter Aldonza, doch bei der zu Herzen gehenden Sterbeszene des Ritters von der traurigen Gestalt sehr anrührenden Dulcinea bestens besetzt, sowohl schauspielerisch als auch stimmlich. Das gesamte Ensemble ist durchgehend auf der Bühne und bildet eine perfekte Einheit. Als Padre leider eher wenig zu tun und vor allem zu singen hat der schwedische Musicalstar Jesper Tydén, den man schon länger nicht mehr auf einer deutschen Musicalbühne erleben durfte.

Das Stück von Dale Wasserman und Mitch Leigh, das bereits fast 50 Jahre auf dem Buckel hat, ist in dieser authentischen, zuweilen beklemmenden und doch am Ende mutmachenden „Lebe Deinen Traum“-Aussage in der Inszenierung des Gärtnerplatztheaters ein absolutes „Must See“ für Theater- und Musicalfreunde. Begeisternder Premierenbeifall für Kreative und Darsteller, überaus verdient.

Mann von La Mancha, Premiere 2.10.13 011

Tickets und weitere Informationen unter www.gaertnerplatz.de

(Silvia E. Loske, Oktober 2013)

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Buch von Dale Wasserman, Musik von Mitch Leigh, Gesangstexte von Joe Darion. Uraufführung 1965 in New York. Deutsch von Robert Gilbert

 

Musikalische Leitung

Andreas Kowalewitz

Regie und Licht

Josef E. Köpplinger

Co-Regie

Nicole Claudia Weber

Choreographie

Hannes Muik

Bühne

Thomas Stingl

Kostüme

Bettina Breitenecker

Dramaturgie

David Treffinger

Darsteller:

 

Cervantes, Don Quijote

Erwin Windegger

Diener, Sancho Pansa

Peter Lesiak

Aldonza/Dulcinea

Carin Filipcic

Antonia

Katja Reichert

Gouverneur/Gastwirt

Martin Hausberg

Padre

Jesper Týden

Herzog/Dr. Carrasco

Frank Berg

Maria

Marika Lichter

Sowie: Hannes Muik, Pál Szepesi (Pferd), Nicola Gravante (Esel), Christoph Graf, Maurice Klemm, Peter Neustifter, Alexander Moitzi, Florian Peters, Snejinka Avramova, Frances Lucey, Kenia Bernal González, Peter Windhofer;
Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz