SISTER ACT – Oberhausen, 3.12.2013

 Hauptdarsteller03

Fabelhaft, Baby …

…so heißt ein Song aus „Sister Act“, und genau das konnte man ohne Einschränkung wirklich allen Darstellern, nicht nur der phantastischen Zodwa Selele,  nach der gelungenen Premiere des glamourösen Musicals in Oberhausen zurufen!

Zodwa Selele spielt die  Rolle der Nachtclubsängerin Deloris van Cartier, die zum Schutz vor ihrem Freund Curtis Jackson, einem Gangster, den sie zufällig bei der Ermordung eines  Bandenmitglieds beobachtet hat, in einem Kloster versteckt wird, mit einer enormen Fröhlichkeit,  Ausgelassenheit und einem gehörigen Schuss Sexappeal.
Sie bringt eine Truppe gottergebener, zurückhaltender Nonnen mit lockeren Sprüchen in Schwung und macht so ganz nebenbei  aus dem grottenschlecht harmonierenden Nonnenchor eine erstklassig  klingende bühnenreife Gesangstruppe.
Zodwa  Selele hat sich in der Rolle, die sie auch schon in Hamburg und Stuttgart gespielt hat, in Oberhausen nochmals gesteigert und zeige in der Premiere wunderbare Präsenz.

Ein klein wenig stören zwar einige recht platte Gags den ansonsten recht flüssigen Ablauf der Show. Genau in diesen Momenten merkt man der Hauptdarstellerin auch manchmal an, dass ihr dann die Identifikation mit der Figur der Deloris kurz entgleitet.  Aber das sind Kleinigkeiten, die, zumal sie nicht für die Texte verantwortlich ist, ihre hervorragende Leistung in keiner  Weise schmälern und die man schnell wieder vergisst.

Es macht ganz offensichtlich allen Darstellern, egal ob jungem Musicalnachwuchs oder „altem Hase“ wahnsinnig viel Spaß, die Show immer weiter ihrem fulminanten Höhepunkt entgegen zu treiben.

Es fällt schwer, über Zodwa Selele hinaus einzelne Darsteller besonders hervorzuheben, da wirklich alle Rollen erstklassig besetzt sind.

Gudrun Schade als Mutter Oberin verkörpert diese in Schauspiel und Gesang, als ob man sie gerade vom Fleck weg aus einer Führungsrolle in einem Kloster engagiert hätte.
Mischa Mang als Gangsterboss Curtis Jackson kann man Ähnliches bescheinigen, nur dass die Führungsrolle aus einem ganz anderen Metier stammt. Manchmal allerdings bedauert man Curtis auch ein wenig, da er es mit seinen Bandenmitgliedern Joey (Benjamin Eberling), TJ (Fehmi Göklü) und Pablo (Terry Alfaro) nicht immer einfach hat. Gerade deshalb macht es aber gewaltigen Spaß, dieser Gangstertruppe zuzusehen und zuzuhören.

Mathieu Boldron als Polizist Eddie Fritzinger und  ehemaliger Schulfreund von Deloris zeigt ebenfalls schauspielerisch und gesanglich eine gute Leistung, nur bei den Dialogszenen stört sein immer noch sehr starker französischer Akzent etwas. Zum Schluss des Stücks macht dieser eigentlich ganz unscheinbar scheinende Polizist zwei wahrlich große Fänge, mit denen er wohl selbst nicht gerechnet hat.  Zum einen macht er den Gangsterboss Curtis mit einem gezielten Pistolenschuss kampfunfähig, und zum zweiten ist da Deloris, die er nun endgültig für sich eingenommen hat.

Nicht unerwähnt bleiben darf die im Verlauf des Stücks immer fetziger auftretende  Nonnenschar. Herausragend sind hier Abla Alaoui als Schwester Mary Robert, die zum Schluss des Stücks die „Fimi“-Stiefel  der Deloris unter ihrem Nonnenkostüm trägt, als habe sie solche Stiefel schon immer getragen, sowie Sonja Atlas als stimmgewaltige Schwester Mary Patrick  und Verena Plangger als rappende Schwester Mary Lazarus. Alle drei sind herausragend an dem Song  Meine Offenbarung  beteiligt und man kann sie alle drei künstlerisch auch als eine solche bezeichnen.

Der übrige Teil des Nonnenchors macht seine Sache ebenfalls erstklassig, soviel  Bewegung, die selbst unter den Nonnenröcken sexy aussieht, kombiniert mit tollem Gesang, ist einfach umwerfend. Besonderes Augenmerk sollte man auf zwei Ensemblemitglieder haben: da ist einmal Sonja Hermann (die Doris aus „Ich will Spaß“) als Schwester Mary Nirwana und zum zweiten Julia Lißel (u. a. bekannt als Ulla in „Kein Pardon“ und Amneris in „Aida“); beide wird man in diesem Stück sicher nicht immer nur im Ensemble sehen.

Viel Glitzer bei den Kostümen und dem zum Teil pompösen Bühnenbild lassen hin und wieder vergessen, dass es sich um eine Geschichte handelt, die überwiegend in einem Kloster spielt. Aber gerade dieser mit fortschreitender Handlung immer stärker auf der Bühne eingesetzte Glitzer und Pomp bringt ebenso wie die fetzigen Chorsongs hinreißend zum Ausdruck, dass hier, trotz anfänglicher Skepsis aller Charaktere, Menschen aus völlig unterschiedlichen Lebensbereichen durch gemeinsame Erlebnisse Freunde geworden sind und darüber überschäumende Freude empfinden. Diese Freundschaft erreicht ihren Höhepunkt im selbstlosen Angebot der Nonnen, allen voran der Mutter Oberin, ihr eigenes Leben für die ehemalige Nachtclubsängerin zu riskieren. 

Die von Alan Menken komponierte Musik ist zwar nicht der absolute Höhepunkt des musikalischen Schaffens dieses Künstlers und geht einem vielleicht auch nicht sofort in Fleisch und Blut über. Die mit Elementen aus der Soul-, Gospel- und Discomusik angereichterten Songs haben aber viel Pfeffer und insbesondere die Chorstücke sind wirklich mitreißend. 

Echte Ohrwürmer fehlen, aber einige der Stücke bleiben doch eine Weile im Gedächtnis. Dazu gehören zum Beispiel das Stück  Zeig mir den Himmel von Zodwa Selele und dem Chor der Nonnen sowie der urkomische Song  Ich mach sie kalt von dem hervorragend agierenden Mischa Mang.

Alles in allem war es eine sehr gelungene Premiere, die Lust auf einen erneuten Besuch der Show gemacht hat. So sah das auch das Premierenpublikum, das die Cast mit Standing Ovations feierte und um eine Zugabe bat.

Einfach Fabelhaft, Baby!

(Fotos und Text von J. Vallerien und D. Kirchhoff, Dezember 2013)

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Buch Cheri & Bill Steinkellner, deutsch von Ruthy Deny
Musik Alan Menken
Co-Produktion Whoopie Goldberg
Liedtexte, deutsche Übersetzung Heiko Wohlgemuth und Kevin Schroeder
Musikalische Supervision Michael Kosarin
Regie Carline Brouwer
Choreographie Anthony Van Laast
Bühnenbild Klara Zieglerova
Kostüme Lez Brotherston
Tondesign Mick Potter
Darsteller:  
Deloris van Cartier Zodwa Selele
Mutter Oberin Gudrun Schade
Curtis Jackson Mischa Mang
Eddie Fritzinger Mathieu Boldron
Schwester Mary Robert Abla Alaoui
Schwester Mary Patrick Sonja Atlas
Schwester Mary Lazarus Verena Plangger
Joey Benjamin Eberling
TJ Fehmi Göklü
Pablo Terry Alfrao
Monsignore O’Hara Armin Dillenberger