Deutschland-Premiere am 5. Juni 2014 im Deutschen Theater München
Mit einer überaus interessanten weil ungewöhnlichen Produktion wartet das Deutsche Theater München für zehn Tage im Juni auf: Die „Mandela Trilogy“ als Deutschland-Premiere ist eine spannende Mischung aus Oper und Musical, wird präsentiert als „Folk-Opera“. Die renommierte Cape Town Opera setzte bereits im Jahre 2010 diesem außergewöhnlichen Menschen und Politiker zu dessen Lebzeiten ein musikalisches Denkmal. Jeder der drei Akte erhält durch den jeweiligen Komponisten seinen ureigenen Stil und Charakter. Besondere Klangkraft verleiht den Kompositionen hier in München das Orchester der Münchener Symphoniker, stimmgewaltig angeführt vom prämierten 25-köpfigen Chor der Cape Town Opera. Die Aufführung ist in englischer Sprache, begleitet von deutschen Texteinblendungen am oberen Bühnenrand. Was auch nötig ist für Besucher, die des Englischen sicher sind, da gerade in den operalen Teilen eins und drei die Liedtexte schwer verständlich sind.
Am 5. Dezember 2013 starb der Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela im Alter von 95 Jahren nach langer Krankheit. 27 Jahre seines Lebens verbrachte er in Gefangenschaft.
Diese Folk-Opera mit dem Werdegang von Nelson Mandela ist daher, in München nun aufgeführt wenige Monate nach seinem Tod, von großer Aktualität.
Der Komponist Péter Louis van Dijk schuf den ersten und dritten Akt, während Mike Campbell den zweiten Akt beisteuerte. Der erste Akt ist eine Opernpartitur, die stark von der traditionellen Xhosa-Musik beeinflusst ist und viele perkussive Elemente enthält.
In seiner Gefängniszelle sitzend erinnert sich der charismatische Pazifist zurück an seine Kindheit und Jugend in einem südafrikanischen Dorf. In farbenprächtigen Bildern und Kostümen wird der Zuschauer Zeuge der Xhosa-Kultur mit ihren teils martialischen Traditionen („Beschneidung mit dem Speer“), Stammestänze mit viel Trommelwirbel werden ausführlich dargeboten, begleitet von den starken Opern-Gesangsstimmen der Solisten und des Chors ist das anfangs eine gewöhnungsbedürftige Melange. Der junge Nelson bricht zusammen mit seinem besten Freund Justice auf in die Stadt, tränenreich verabschiedet von seiner Mutter.
Der zweite Teil verfügt über sehr schwungvolle und eingängige Melodien im Jazz- und Musical-Stil, die Textverständlichkeit ist hier sehr gut. Sogar der berühmte „Pata Pata“ Hit wird mit eingebaut. Großartige Choregraphien durchziehen diesen zweiten Akt, der die Jahre Mandelas in Sophiatown als Anwalt und seine Anfänge als Politiker, der sich mehr und mehr als Vorreiter einer Freiheitsbewegung etabliert und den ANC gründet, zum Inhalt hat. Erste friedliche Demonstrationen finden statt, „Freedom“ wird skandiert. Auch lernt man hier den Menschen Nelson Mandela etwas näher kennen, seine erste Ehefrau Evelyn, seine Affären und die Trennung von Familie und Geliebter. Dann läuft ihm die junge Winnie über den Weg, sie wird seine zweite Ehefrau.
Nach der Pause erlebt man unter zeitgenössischer Opernkomposition des dritten Aktes die quälend langen Jahre der Haft von Nelson Mandela auf Robben Island und im Pollsmoor Prison. Bedrückend sieht man den politischen Häftling in seiner Zelle sitzen, seitlich und bis hoch zur Bühnendecke sind Tausende abgestrichene Tage im Fünfersystem projeziert. Anrührend gestaltet sich die Annäherung und der daraus resultierende jahrelange respektvolle Austausch zwischen dem Gefangenen Mandela und seinem weißen Wärter. Die Beziehung zu Winnie gestaltet sich immer komplizierter, sie hat radikale Ansichten, er vertritt weiter seinen Weg der Aussöhnung und Vergebung. Höhepunkt der Aufführung ist dann nach der Freilassung Mandelas seine berühmte Rede auf der Grand Parade in Kapstadt.
Die Figur Nelson Mandela wird von drei Darstellern in den verschiedenen Lebensphasen dargestellt. Alle verfügen über höchst beeindruckende Gesangsstimmen, herausragend ist jedoch Aubrey Lodewyk, den man in der Anfangssequenz sieht und der dann im dritten Akt die Geschehnisse prägt.
Von den weiblichen Darstellerinnen bleiben insbesondere Tina Mene als Mutter Mandelas und Zolina Ngjane als seine Geliebte Dolly in Erinnerung.
Das gesamte Ensemble vermag gesanglich, schauspielerisch und auch tänzerisch zu überzeugen.
Was dem Stück etwas fehlt ist ein kontinuierlich aufgebauter Spannungsbogen, es ist eher eine Aneinanderreihung biografischer Stationen eines höchst beeindruckenden Lebens mit seinen Ursprüngen in einem kleinen südafrikanischen Dorf bis hin zum ersten frei gewählten schwarzen Präsidenten Südafrikas, der sein Land in die Demokratie führt und das Apartheid-System abschafft.
Das Bühnenbild ist zweckdienlich und wird durch gute Videoprojektionen unterstützt. Licht und Ton sind tadellos und bieten Genuss für Auge und Ohr.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass diese sehr ambitionierte Show es unbedingt wert ist, gesehen zu werden.
Die Mandela Trilogy im Deutschen Theater München läuft noch bis zum 14. Juni 2014, täglich außer Dienstags. Informationen zum Stück, Spieltermine und Tickets unter
http://www.deutsches-theater.de/programm/mandela.html
(Silvia E. Loske, Juni 2014)
Das Deutsche Theater München in Kooperation mit der Cape Town Opera
Musik |
Peter Louis van Dijk, Mike Campbell |
Dirigent |
Albert Horne |
Buch & Texte, Regie |
Michael Williams |
Choreographie |
Sibonakaliso Ndaba |
Bühnenbild & Kostüme |
Michael Mitchell |
Ton |
Marcel Bezuidenhout |
Licht |
Peter Halbsgut |
Darsteller: |
|
Mandela 3 |
Aubrey Lodewyk |
Mandela 2 |
Aubrey Poo |
Mandela 1 |
Thato Machona |
Whiteman / Policeman |
Derick Ellis |
Dolly |
Zolina Ngjane |
Winnie |
Siphamandla Yakupa |
Pater Huddlestone |
Adrian Galley |
Evelyn |
Pumza Mxinwa |
Mother |
Tina Mene |
Ensemble: Herman Theron, Niel Roux, Tshepo Moagi, Nonkululeko Nkwinti, Michelle Saldanha, Jacobi Benkenstein, Babongile Manga, Ernestine Stuurman, Bukelwa Velem, Lukharyo Moyake, Kenneth Kula, Mthunzi Mbombela, Nkosana Stimela, Lusindiso Dubula, Vuyisa Jack, Lindile Kula jr., Andile Tshoni, Lubabalo Velebayi, Thando Mpushe. |