THE WIZ – der Zauberer von OZ

 

The Wiz - München Juni 2014 206

Deutschland-Premiere am 21. Juni 2014 im Deutschen Theater München

In den USA wächst jedes Kind mit dem Märchen des Zauberers von Oz auf, einer Geschichte, die bereits im Jahr 1900 entstand. Der Stoff wurde mehrmals filmisch umgesetzt, die berühmteste Version ist sicherlich aus dem Jahr 1939 mit Judy Garland als Dorothy, ihr Somewhere over the Rainbow ist einer der größten Hits überhaupt. 1978 gab es eine aktuellere Filmversion mit Diana Ross und Michael Jackson. Natürlich nahm sich auch die Musicalwelt der Story an: „Wicked“, uraufgeführt im Jahre 2003, wurde ein großer Erfolg und wird auf den Musicalbühnen in Europa, am West End und am Broadway immer noch gespielt.

1975 wurde das Musical „The Wiz“ kreiert, erst jetzt, fast 40 Jahre später, fand die deutschsprachige Erstaufführung des Werkes Ende 2013 am Landestheater Linz statt. Das eigene Musicalensemble des Landestheaters, bestehend aus namhaften Solisten, ist nun mit dem als Familienmusical beworbenen Stück aktuell zu Gast im Deutschen Theater München und sorgt somit für die Deutschlandpremiere der knallbunten Show.

Zur Story: Die heranwachsende Dorothy lebt als Vollwaise bei Tante Em und Onkel Henry, mit ihrem Hund Toto und drei Farmgehilfen in ärmlichen Verhältnissen auf einer Farm in Kansas. Als ein Tornado aufzieht, flüchten alle in den Schutzraum. Als Hund Toto ins Freie rennt, läuft Dorothy hinterher und wird samt Farmhaus vom Sturm fortgerissen und landet in Oz, einer Fantasie- und Zauberwelt voll mit wundersamen Gestalten sowie mehreren (guten und bösen) Hexen.

Dorothy bekniet das bunte Völkchen von Oz, sie wieder nach Hause zu lassen. Man empfiehlt ihr, auf der Gelben Backsteinstraße in die grüne Smaragdstadt zu gehen, denn nur der dort herrschende Zauberer von Oz könne ihr diesen Wunsch erfüllen. Bevor sich Dorothy auf den Weg macht, schenkt ihr die Gute Hexe des Nordens noch ein paar silberne Stiefel, die angeblich magische Kräfte verleihen – genaueres dazu erfährt Dorothy aber nicht.

Auf ihrem Weg kommt das Mädchen an einem Feld vorbei und trifft dort auf die an einem Pfahl festgebundene Vogelscheuche. Von Dorothy vom Pfahl befreit wünscht sich die Vogelscheuche sehnlichst ein Gehirn und schließt sich Dorothy auf ihrer Wanderung an, hoffend, dass der Zauberer auch diesen Wunsch erfüllen könne. Die beiden ziehen weiter und begegnen einem hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken strampelnden Blechmann. Tatkräftig besorgt Dorothy einige Tropfen Öl, um die Gelenke des Blechmanns wieder funktionstüchtig zu machen. Dankbar schließt sich auch diese Figur Dorothy und der Vogelscheuche an, er hofft, dass ihm der Zauberer ein Herz schenken könne. Und noch eine weitere skurrile Gestalt kreuzt den Weg der kleinen Gruppe: Ein Löwe, der sich vordergründig gefährlich gibt, sich jedoch als feige und wahrer Hasenfuss herausstellt. Mut ist die Eigenschaft, die der feige Löwe sich inbrünstig wünscht, daher schließt auch er sich dem Grüppchen an.

Die vier Gefährten erreichen nach diversen Wirrungen und Begegnungen mit weiteren Bewohnern dieses seltsamen Landes endlich die sagenhafte grüne Smaragdstadt, treffen auf den Zauberer von Oz und tragen diesem ihre Wünsche vor. Der jedoch weigert sich zunächst, zu helfen, sondern verlangt, dass die Vier zuerst die Böse Hexe des Westens töten. Diese herrscht in ihrem Schloss despotisch über ein Heer von Sklaven und bedient sich zur Durchsetzung ihres Willens einer Armee von Flügelaffen. Auch die vier Freunde bringt die Hexe schnell in ihre Gewalt. Dorothy erfährt, dass die Hexe höllische Angst vor Wasser hat und kippt ihr beherzt bei einer Auseinandersetzung einen Eimer Wasser über – dies bedeutet das Ende der Hexe, die Sklaven sind befreit.

Zurück in der grünen Smaragdstadt stellen die vier Freunde den vermeintlichen Zauberer zur Rede, ihre Wünsche nun umgehend zu erfüllen, sie hätten ihren Teil der Abmachung ja schließlich erledigt. Dabei stellt sich heraus, dass dieser Zauberer eigentlich ein ganz normaler Mensch ist, den es, wie Dorothy, durch merkwürdige Umstände nach Oz verschlagen hat und den die Bewohner dort als Heilsbringer verehren. Enttäuscht erkennen die Freunde, dass ihre sehnlichsten Wünsche deshalb nicht erfüllt werden können – doch der „Zauberer“ vermag durch einen humanen Trick, den drei skurrilen Gestalten den Glauben daran zu geben, dass sie längst über Verstand, Herz und Mut verfügen. Nur Dorothy geht leer aus mit ihrem Wunsch, wieder zurück nach Kansas kehren zu können.

Da begegnet sie der guten Hexe des Südens. Diese erklärt ihr, dass es ganz einfach sei, wieder zurückzukehren: Sie müsse einfach dreimal mit ihren Silberstiefeln klicken und schon wäre sie wieder in Kansas. Dorothy erkennt, dass sie trotz ihrer drei guten Freunde nichts so sehr vermisst wie ihr Zuhause. Die Freunde verabschieden sich voneinander, doch auch wissend, dass Dorothy mithilfe ihrer Silberstiefel jederzeit wieder nach Oz zurückkommen könne.

Die Moral dieses Fantasymärchens ist simpel: Nichts geht über das Zuhause mit den Menschen, die einem nahestehen. Mit Verstand, Herz und Mut gilt es, an sich selbst und an Freundschaft zu glauben und das Leben zu meistern.

Das Musical ist eine quietschbunte, temporeiche und humorvolle Show, an der nicht nur Kinder Freude haben, sondern die aufgrund der amüsanten Umsetzung auch Erwachsenen großes Vergnügen bereitet. Das Team des Landestheaters Linz hat großartige Arbeit geleistet: Kim Duddy, im Musicalbusiness höchst etablierte und erfahrene Choreographin und Regisseurin, inszeniert mit leichter Hand, guter Charakterzeichnung und Esprit. 21 Darsteller stemmen die Show, darunter alleine 12 exzellente Tänzer (Dance Captain: Steven Seale). Bei den Ensembleszenen wird aus dem Vollen geschöpft, es ist soviel los auf der Bühne, dass man mit dem Gucken kaum nachkommt.

Dies liegt insbesondere auch an den sehr phantasievollen Kostümen und dem üppigen Bühnenbild, die Szenenwechsel geraten rasant und laufen wie geschmiert. Acht Musiker, auf der Bühne platziert, liefern nahezu satten Bigband-Sound. Die Musiktitel werden zum Teil auf englisch als auch auf deutsch interpretiert und stammen stilistisch aus den Siebzigern – poppig, soulig, in die Beine gehend, Balladen und UpTempo-Nummern, alles ist vertreten. Sogar veritable Hits wie das peppige Ease on down the Road befinden sich darunter, einiges geht richtig gut ins Ohr wie Neue Zeit.

Neben dem engagierten Ensemble, das mächtig zu tun hat und fast ständig in wechselnden Kostümen die Bühne bevölkert, punktet die Aufführung mit sehr guten Solisten. Die Hauptrolle der Dorothy wird sicher und glaubwürdig von Ariana Schirasi-Fard gespielt und gesungen. Ihre drei Freunde sind ein herausragendes Trio: Die Vogelscheuche wird von Rob Pelzer (u. a. 1999 in der Titelrolle „Mozart!“ im Theater an der Wien beeindruckend) sehr präsent, mit ulkigem holländischen Akzent des niederländischen Künstlers, dargestellt. Oliver Liebl ist ein köstlicher Blechmann, der die erforderlich abgehackten, Breakdance-artigen, Bewegungen perfekt beherrscht. In breitestem österreichischen Dialekt sorgt er für reichlich Situationskomik. Im Kostüm des ängstlichen Löwen steckt der stattliche Darsteller Richard McCowen, der mit starker Stimme nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Zusammen sind die Drei einfach urkomisch, rühren aber auch an, ohne jemals in Kitsch abzugleiten.

Reinwald Kranner gibt einen undurchsichtigen Zauberer von Oz und rockt mit seinem Solo Schöne Grüße das Theater. Jacqueline Braun im Charakter der bösen Hexe Evillene sorgt für einen Showstopper erster Güte mit dem groovigen Titel No bad News.

Die beiden etablierten Künstlerinnen Kristin Hölck (u. a. Titelrolle in „Elisabeth“ und Diana in „Next to Normal“) und Lisa Antoni (Marie Vetsera in „Rudolf – Affaire Mayerling“) sieht man häufig im Ensemble, doch beide lassen auch mit ihren jeweiligen Soli als Tante Em und Hexe Glinda aufhorchen.

Ach ja, ein niedliches weißes Fellknäuel mit Rollenname Toto spielt auch mit und erobert im Nu die Zuschauerherzen, wie er quer über die Bühne rennt, in Dorothys Arme hüpft und kleine Kunststückchen am Anfang der Show liefert.

Lichtdesign und Tonaussteuerung passen vorzüglich und lassen keine Wünsche offen.

Dieses Feelgood-Musical sollte man sich nicht entgehen lassen, wenn man einen höchst unterhaltsamen, unbeschwerten Theaterabend verbringen möchte.

The Wiz – der Zauberer von Oz läuft noch bis zum 6. Juli 2014. Informationen zum Stück, Spieltermine und Tickets unter

http://www.deutsches-theater.de/programm/wiz.html

Hier geht’s zur Fotogalerie

(Silvia E. Loske, Juni 2014)

Das Deutsche Theater München zeigt eine Produktion des Landestheaters Linz

Buch

William F. Brown, nach Frank L. Baums „Der Zauberer von Oz“

Musik und Songtexte

Charlie Smalls

Deutsche Übersetzung

Roman Hinze

Musikalische Leitung

Borys Sitarski / Kai Tietje

Inszenierung & Choreographie

Kim Duddy

Bühnenbild

Hans Kudlich

Kostüme

Monika Buttinger

Dramaturgie

Arne Beeker

Licht

Michael Grundner

Videoprojektionen

Attila Plangger

Darsteller:

 

Dorothy

Ariana Schirasi-Fard

Der Wiz, Onkel Henry

Reinwald Kranner

Vogelscheuche, Hank

Rob Pelzer

Blechmann, Pete

Oliver Liebl

Feiger Löwe, Willy

Richard McCowen

Tante Em, Ensemble

Kristin Hölck

Addaperle, Ensemble

Daniela Dett

Evillene, Ensemble

Jacqueline Braun

Glinda, Ensemble

Lisa Antoni

Hund Toto

Nico / Yuno

Ensemble: Janos Harot, Mirja Brunberg, Ivo Giacomozzi, Peter Knauder, Melanie Maier, Thomas Karl Poms, Philip Ranson, Steven Seale (Dance Captain), Eleonora Talamini, Linsey Thurgar, Cindy Walther, Conchita Zandbergen.