MOZART! Prinzregententheater München

Studierende der Bayerischen Theaterakademie August Everding

Was für ein außergewöhnlicher Riesenaufwand für die Studierenden der Bayerischen Theaterakademie August Everding: Nicht nur der Absolventenstudiengang, sondern alle Studiengänge bis zum ersten Jahr stemmen den Musical-Hit des kongenialen Duos Sylvester Levay & Michael Kunze: MOZART!

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Und bringen dieses komplexe Meisterwerk zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester, verstärkt durch eine Band mit knackigem E-Gitarrensound unter der Leitung von Musicalspezialist Andreas Kowalewitz, für fünf – mittlerweile ausverkaufte – Aufführungen ins wunderschöne Münchner Prinzregententheater.

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Inszeniert wird von keinem Geringeren als Andreas Gergen, neben Gil Mehmert der führende Musicalregisseur im deutschsprachigen Raum. Warum die Inszenierung, immerhin ein historischer Stoff, auf Biegen und Brechen unbedingt auf „modern“ gebürstet sein muss mit den Darstellenden in Sportoutfits, und ob das gefällt oder nicht, mag jeder für sich selbst entscheiden. Spannend ist dieser Konzeptansatz allemal.

Wolfgang Mozart ohne Zopf und den berühmten „roten Rock“ ist optisch assoziiert kaum denkbar. In dieser Inszenierung erscheint dies nicht, stattdessen sind die vorherrschenden Farben grell-glitzerndes Pink und viel Gold. So kullern riesige goldene Mozartkugeln umher, an sich kein verkehrter Einfall.

Die große Bühne im Prinzregententheater wird weidlich genutzt, im Vordergrund eine runde Spielfläche, rückwärtig ein mehrere Etagen hohes Stahlgerüst. Vom Schnürboden fahren links und rechts rechteckige Videoleinwände herab, welche die jeweiligen Orte zeigen, an denen sich Mozart gerade befindet.

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Die Pluspunkte sind das wunderbare üppig besetzte Orchester, eine sehr stringente und überaus einfallsreiche Choreographie von Alex Frei, ein wunderbares Lichtdesign und bestens ausgesteuerter Ton. Und natürlich die jungen Musicaltalente, die unglaublich engagiert und voller Spielfreude zu Werke gehen. Unter ihnen ein paar Perlen mit außergewöhnlicher Begabung, von denen man – das traue ich mich zu wetten – in Kürze einige in großen Produktionen erleben wird.

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Allen voran Madleen Dederding, eine bezaubernde und vor allem sehr stimmsichere Künstlerin, die als Baronin von Waldstetten mit dem Hit „Gold von den Sternen“ einen Showstopper erster Güte hinlegt und auch bei all ihren weiteren Auftritten alle Augen auf sich zieht.

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Die Hauptrolle des Wolfgang Mozart wird nacheinander auf drei Studierende aufgeteilt, die alle überzeugen (Christian Sattler, Jens Emmert und Raphael Binde). Jeder von den Dreien bekommt eine der Hit-Balladen, wie „Warum kannst Du mich nicht lieben“, „Wie wird man seinen Schatten los“ (weiterer Showstopper zum Finale des ersten Aktes) und „Ich bin Musik“.

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Die Reprise von „Wie wird man seinen Schatten los“ zum Finale des zweiten Aktes, mit dem toten Mozart auf dem Flügel liegend, auf ihm ebenfalls tot sein Alter Ego, das Porzellankind, von Allen dargeboten ist ein Gänsehautmoment.

Ebenfalls nachhaltig auf sich aufmerksam macht Teodor Pop als rockender Fürsterzbischof Colloredo, optisch ploppen bei seinem Erscheinen auf der Bühne Assoziationen an Dschingis Khan auf.

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Zwei weitere junge Musicaldarstellerinnen erfreuen Auge und Ohr: Alida Will zart gebaut und mit wunderschönem Sopran ausgestattet als Mozarts Schwester Nannerl und Laura Oswald als Constanze Weber, Wolfgangs Frau.

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Im Ensemble lässt  Tillman Schmuhl als Fridolin Weber und Dr. Mesmer mit schönem Bariton aufhorchen, von ihm hätte man gerne mehr gehört im Stück.

Die zweite männliche Hauptrolle, der Vater Leopold Mozart, wird von Ehab Eissa überzeugend gespielt. Stimmlich hätte ich mir für diesen Part allerdings einen kräftigen Bariton gewünscht.

Der heimliche Star der Show ist die von drei Studierenden bediente und mit anrührend echten Bewegungen agierende Puppe des Wunderkinds Amadè, ein sehr gelungener Regieeinfall. Unermüdlich befindet sich dieses Alter Ego an der Seite des Menschen Wolfgang Mozart und animiert ihn, ständig weiter zu komponieren, während Wolferl eigentlich viel lieber seinem ausschweifenden Leben mit Würfel- und Billardspiel sowie dem Auskosten weiblicher Genüsse frönen will.

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Letztlich ist es das Genie des Porzellankinds, das dem bereits schwerkranken Mozart mit der Feder direkt ins Herz sticht und damit seinen Tod herbeiführt.

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Alle erwecken Levays meisterliche Partitur mit den vielen berühmten Balladen, den wuchtigen Chornummern und dem intelligenten Libretto von Michael Kunze mit viel Herzblut zum Leben.

Mich begleitet dieses Musical seit der Uraufführung im Oktober 1999 im Theater an der Wien und ich liebe die Partitur. Wie schön, dass das Stück jetzt, in komplett neuem Gewand, in München zu erleben ist.

Weitere Vorstellungen noch am 17., 19. und 22. November.

Riesenjubel im Publikum!

Hier Video vom Schlussapplaus:

Silvia E. Loske, November 2024