LUDWIG2 – Saisonpremiere Füssen 2019

LUDWIG2 Festspielhaus Füssen – Spielzeitpremiere 16. Mai 2019

Im in pittoresker Ansichtskarten-Landschaft eingebetteten Festspielhaus gegenüber von Schloß Neuschwanstein geht das Erfolgsmusical LUDWIG2 in die aktuelle Spielzeit.

Regisseur Benjamin Sahler kündigte weitere Überarbeitungen sowie Castneubesetzungen an. Von der ursprünglichen Idee, ein Pferd im Stück zu integrieren, ist man zum Glück aufgrund doch deutlicher Einwände in den sozialen Medien wieder abgekommen – gut so. Lebende Tiere gehören weder auf einer Theaterbühne noch in Zirkussen zur Schau gestellt.

Da wir gerade bei Tieren sind: Das Kabinettstückchen „König Technik“ zaubert einem erneut ein Grinsen ins Gesicht im ansonsten hochdramatischen Musical. Neben den hinlänglich bekannten und immer wieder sehr unterhaltsamen Slapstickeinlagen des Königs

amüsierte diesmal der im See dümpelnde Pappmaché-Schwan. Dieser schüttelte mehrmals energisch den Kopf ob der abstrusen Geschehnisse, die sich direkt vor seinem Schnabel ereignen. Oder empörte er sich gar darüber, dass er diesmal nicht, wie noch bei der Dernierenshow 2018, vom Kini mit Brezn-Bröckerln bedacht wurde?

Zurück zu den szenischen Neuerungen: Dem Schattenmann, der bislang ja schwerst unterbeschäftigt war mit seiner einzigen, wenn auch sehr fesselnden Solonummer, wird jetzt mehr Raum gegeben.

Wortlos taucht er jetzt bedrohlich sowohl bei der Krönungszeremonie im Torrahmen hinter Ludwig stehend, bei der Biergartenszene der Verschwörer am Tisch von Dr. Gudden sitzend und bei der Finalszene des ersten Aktes auf. Dort steht er auf dem Heck des güldenen Schlittens, in dem König Ludwig Platz nimmt, und fährt mit diesem auf der Drehbühne von dannen.

Bei Ludwigs Gänsehaut-Arie „Kalte Sterne“ fällt erstens auf, dass die ganze Szene leider nun sehr dunkel gehalten ist und zweitens, dass der König auf einer komplett leeren Bühne, ohne die bisher unter großen Tüchern bedeckt liegenden Riesenskelette, agiert.

Gleich beim Öffnen des Vorhangs zum zweiten Akt eine beeindruckende Neuerung in der Videoprojektion. Nicht mehr das überlebensgroße Konterfei des griesgrämig dreinblickenden Richard Wagner hat jetzt der am großen Schreibtisch in Wagner‘scher Komposition entrückt schwelgender Bayernkönig im Rücken, sondern ein prächtiges Schlossgewölbe. Das hat was, verleiht der Szene räumliche Tiefe und versetzt den Zuschauer imaginär in einen von Ludwigs prächtig-überladenen Sälen.

Bei der erforderlichen Um- bzw. Neubesetzung des Cast rückt Nicole Ciroth von der Zweitbesetzung der Kaiserin Elisabeth auf zur Erstbesetzung, da Anna Hofbauer sich aus der Show zurückzieht und nur noch einige wenige Abschiedsvorstellungen im Sommer spielen wird. Nicole Ciroth war bereits in diversen Solistenparts und im Ensemble von Anbeginn des Musicals mit dabei und daher ist sie natürlich mit dem Stück verwachsen. Fachlich macht sie ihre Sache gut, mein Herz konnte sie jedoch mit ihrer Rolleninterpretation (noch) nicht berühren.

Ludwigs Kinderfrau Sybille Meilhaus wurde in der Premierenbesetzung von Andrea Jörg verkörpert, auch wenn sie etwas zu jung für die Rolle ist, macht sie das Beste daraus.

Ebenfalls neu im Stück ist Felix Heller, der im besuchten Saisonstart als Ludwigs treu ergebener Adjutant Graf von Dürckheim zu erleben war. Da ist darstellerisch noch Luft nach oben, alleine schon die erforderliche stramme Offiziershaltung war nicht ersichtlich.

Christian Schöne überzeugte als hintertriebener Graf Rettenberg, man darf auf seine weiteren Interpretationen als Graf Dürckheim und auch als Titelfigur König Ludwig gespannt sein.

Am beeindruckendsten von allen neuen Darstellern auf der Festspielhausbühne präsentierte sich jedoch der junge Ben Bickele in der Rolle des kleinen Prinzen Ludwig. Donnerwetter, woher nimmt dieser Knirps nur diese lässig-selbstbewusste Performance? Da hat Benjamin Sahler ein absolutes Naturtalent an Land gezogen. Wie der Bub auf der riesigen Bühne völlig selbstverständlich darstellerisch und gesanglich abliefert, kann einen nur Staunen machen. Bravo!

Die bewährten Solisten Alexander Kerbst (Lutz), Julian Weywar (Prinz Otto, berührend)

und Dennis Henschel (toller Schattenmann, mit genau richtig dosierter zurückhaltender Präsenz als gedungener Auftragskiller und gesanglich stark)

erfreuen erneut, Uwe Kröger als Dr. Gudden spielt seine starke Bühnenpräsenz aus, über seine gesangliche Darbietung breiten wir lieber das Mäntelchen des Schweigens.

Und dann ist da ja noch der Hauptdarsteller, der charismatische Dreh- und Angelpunkt des Stücks. Über Jan Ammanns phänomenale Verkörperung des Bayernkönigs ist bereits alles gesagt und geschrieben worden. Er spielt den royalen Feingeist und Visionär nicht, er ist es einfach in den drei Stunden einer Aufführung mit Haut, Haaren und vor allem Herzblut.

Wir haben im deutschsprachigen Raum so einige wirklich grandiose Musicalstars. Doch gibt es in der obersten Liga noch einen entscheidenden Unterschied: Wenn ein Musicalstar untrennbar mit seiner Lebensrolle assoziiert wird, dann ist das doch noch ein Ticken mehr. Pia Douwes ist DIE Elisabeth, Uwe Kröger ist DER Tod, Drew Sarich ist DER Jesus und Jan Ammann ist eben DER König Ludwig II., unabhängig davon, wie superb er auch als Graf von Krolock und Dr. Schiwago agiert.

In dieser Spielzeit teilen sich neben Jan Ammann und Matthias Stockinger noch Jan Rekeszus (als Dürckheim 2018 wunderbar), Oedo Kuipers, Christian Schöne und Felix Heller den Leading Part der Show. Jeder von ihnen wird seinen eigenen Interpretationsansatz finden, viel Glück dabei.

Das Premierenpublikum, durchsetzt mit Prominenz aus Adel, TV und Sport (darunter die Wintersportlegenden Magdalena Neuner und Schorsch Hackl), zeigte sich erwartungsgemäß vollends begeistert und feierte Kreative und Darsteller mit zehnminütiger Standing Ovation.

Weitere Infos, Spieltermine und Tickets gibt es unter www.bau-ein-schloss-wie-ein-traum.de

Alle Fotos unterliegen dem ausschließlichen Copyright von Musical Reviews. Die Szenenfotos stammen von der Generalprobe am 15. Mai 2019.

Silvia Eva Loske, Mai 2019