KNOCKIN‘ ON HEAVEN’S DOOR

Stadttheater Fürth, Uraufführung 21. Oktober 2021

Rasantes Rock’n‘ Road Musical mit Tiefgang

Im Jahr 1997 kam der gleichnamige Film von Til Schweiger in die deutschen Kinos und wurde Kult. Die hochkarätige Besetzung, der als Tragik-Komödie temporeich erzählte Plot, der Soundtrack, all das ergab einen Riesenerfolg an den Kinokassen. Vor zehn Jahren keimte die Idee, aus dem Stoff ein Musical zu kreieren, welches nun im renommierten Stadttheater Fürth, das bekannt ist für seine innovativen neuen Musicalproduktionen, Uraufführung hatte.

Um es gleich vorweg zu nehmen: „Knockin‘ on Heaven’s Door“ funktioniert als Musical hervorragend und ist ganz offensichtlich bei dem im deutschsprachigen Raum aktuell meistbeschäftigten Musicalregisseur Gil Mehmert, der dieses Stück nicht nur inszeniert, sondern auch das Buch und die Songtexte mit verfasst hat, in den allerbesten kreativen Händen. Einige Szenen wurden wortgetreu der Filmvorlage entnommen, andere leicht abgeändert: So ist die Figur der anfangs zwielichtigen Frankie im Gegensatz zum Film im Musical nun eine Frau und aus dem von Martin etwas stümperhaft durchgeführten Tankstellenüberfall wurde im Musical ein Banküberfall.

Wesentlich zum Gelingen des Musicals trägt die Musik bei, man wünschte sich seitens der Macher von Komponist Alex Geringas eine Mischung aus Rock- und Pop-Songs mit Tarantino-Anklängen, ebenfalls integriert sind gefühlvolle Balladen und Soulnummern. Passt alles punktgenau und hinterlässt – was für das Gelingen eines Musicals ja nicht unwesentlich ist – auch Ohrwürmer, wie das Duett der beiden Protagonisten Rudi und Martin Mehr in mir, das man schwerlich aus dem Gehörgang wieder raus bekommt.

Zur Story:
Der Endzwanziger Rudi Wurlitzer hat Knochenkrebs. In der „Abnippelstation“ eines Krankenhauses trifft er auf den in etwa gleichaltrigen Martin Brest, der einen inoperablen Hirntumor mit nur noch wenigen Tagen Restlebenszeit hat.

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Gemeinsam fassen die beiden charakterlich völlig unterschiedlichen jungen Männer den Entschluss, dass sie ihre letzten Tage auf keinen Fall in dieser tristen Klinikumgebung verbringen wollen; außerdem überzeugt Martin Rudi, dass dieser das Meer gesehen haben muss, bevor er stirbt. Sie nehmen eine Flasche Tequila mit und klauen im Parkhaus des Krankenhauses, in ihre Schlafanzüge gewandet, einen Mercedes Oldtimer und machen sich auf den Weg.

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Was beide nicht wissen: Das Auto gehört der Nachtclubchefin Frankie, die den beiden Gangstern Henk und Abdul den Auftrag erteilt hat, den Wagen zu einem bestimmten Treffpunkt zu bringen und das Gefährt dabei nie aus den Augen zu lassen. Befindet sich doch im Kofferraum ein Koffer mit einer Million, was aber die beiden Intelligenz-mäßig minderbemittelten Gangster nicht wissen.

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Martin findet im Handschuhfach des Wagens eine Pistole und ihm kommt aufgrund Geldmangels die Idee zu einem Banküberfall. Das ist der Start einer wilden Verfolgungsjagd mit den beiden Todkranken, den Gangstern und einem korrupten Kommissar samt Hiwi. Immer wieder gelingt es Rudi und Martin, allen Verfolgern zu entkommen. Sie kleiden sich edel ein, nächtigen im Luxushotel, spielen im Casino und kaufen einen flamingofarbenen Cadillac Fleetwood für Martins Mutter.

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Rudi will als letzten Wunsch in einem Bordell mit Frauen schlafen und sucht sich dafür ausgerechnet den Club von Frankie aus.

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Sie werden erkannt und von Henk und Abdul zu Frankie gebracht. Als diese erfährt, dass die beiden Freunde das Geld restlos verbraten haben und sie aufgrund ihrer nur noch sehr begrenzten Lebenszeit keinerlei Angst vor irgendwelchen Konsequenzen haben, lässt sie die beiden ziehen Richtung Nordsee, Richtung Meer – dort angekommen erfüllt sich das Schicksal der beiden Freunde, Knockin‘ on Heaven’s Door

Im Mittelpunkt stehen zwei völlig grundverschiedene Charaktere: Rudi Wurlitzer, ein bislang völlig unauffälliger, angepasster Mann, der immer brav das ausführt, was von ihm erwartet wird. Jonas Hein interpretiert diese stets korrekt gescheitelte, bebrillte und langweilige Figur überzeugend. Stimmstark und sehr bewegend reflektiert er resignierend in der Klinik War das alles die Versäumnisse seines Lebens. Völlig konträr zum braven Rudi rockt Dominik Hees als der gegen jegliche Obrigkeit auf Krawall gebürstete und stets lässig La la locker daherkommende Martin Brest die Bühne mit großartiger Präsenz, toller Beweglichkeit und punktgenauer Situationskomik. Dass er obendrein gut singt, versteht sich von selbst.

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Diese beiden perfekt besetzten Hauptdarsteller tragen durch ihre rollenbedingte Gegensätzlichkeit das Stück und nehmen das Publikum mit auf eine emotionale doch auch pointierte Achterbahnfahrt. In einem Moment kichert man als Zuschauer über das Verhalten der Beiden in sich hinein, und im nächsten Augenblick mutiert das Lachen zu einem Kloß im Hals, wenn immer wieder die ausweglose Situation der beiden Todkranken durchscheint.

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Als Sidekicks fungieren die beiden unterbelichteten Gangster Henk (Detlef Leistenschneider mit nuschelndem holländischen Akzent) und Abdul (Pedro Reichert mit Mut zur Dämlichkeit und stets mit Wortverdrehungen ringend) und sorgen mit ihrer Tollpatschigkeit für Amüsement. Als weibliche Hauptdarstellerin Frankie in enger Lederoptikkorsage und viel Soul in der Stimme gefällt Sidonie Smith.

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Viel zu tun hat das allseits präsente Ensemble. Alle weiteren Rollen wie Krankenhauspersonal, Polizisten, Kellner, Zimmermann, Bankkunden, Martins Mutter, Nachtclub-Schwalben und vieles mehr wird von einer exzellenten achtköpfigen Darstellerriege bedient. Sie singen alle superb und setzen energetisch schwungvoll und synchron Simon Eichenbergers Choreographie um.

Das Bühnenbild besteht zweckdienlich aus der gerade in Stadttheatern immer wieder gerne eingesetzten Brücke, auf der die Darsteller sowohl erhöht sichtbar agieren können als auch rauf- und runterlaufend diverse rasante Szenen ermöglicht werden. Genial gelöst ist das zentrale Element der Show, ein mittig platziertes großes Podest, das als Auto mit Scheinwerferaugen, Hotelbett, Roulettetisch und diverses mehr fungiert und durch Drehen für die jeweilige Szene eingesetzt wird.

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Beim Kostümbild gibt es leider Abzüge aufgrund fehlender Achselpads. Hier sollte schleunigst nachgebessert werden, um der Darstellerin der Frankie weitere Peinlichkeiten zu ersparen.

Die sechsköpfige Band unter Mitwirkung des Musikalischen Leiters Jürgen Grimm ist im Bühnenhintergrund platziert und liefert satten Sound, der Ton ist gut ausgesteuert, die Textverständlichkeit passt. Das Lichtdesign lässt keine Wünsche offen.

Fazit: absolut empfehlenswerte Show! Das Publikum hält es gleich zu Beginn des Schlussapplauses nicht mehr auf den Sitzen. Es ist davon auszugehen, dass das Stück in den Spielplänen von Stadttheatern große Zukunft haben wird.

Infos zu Spielplan und Tickets gibt es hier unter diesem Link:

www.stadttheater.fuerth.de

Der nagelneue Trailer zur Produktion ist hier zu finden:

Fotocredit: Alle Szenenfotos Thomas Langer, Schlussapplausfotos: Musical Reviews

Silvia Eva Loske, Oktober 2021

Musical nach dem gleichnamigen Film von Thomas Jahn und Til Schweiger
Buch von Gil Mehmert und Christoph Silber
Musik von Alex Geringas und Joachim Schlüter
zusätzliche Songtexte von Mirco Vogelsang

Produktion des Stadttheaters Fürth / in bocca al lupo GmbH

Kreative
Musikalische Leitung: Jürgen Grimm
Regie / Inszenierung: Gil Mehmert
Choreographie und Co-Regie: Simon Eichenberger
Bühne: Simone Baumberger
Dramaturgie: Matthias Heilmann
Kostüme: Kathrin Baumberger
Videographik: Fufu Frauenwahl
Videocontent: Andreas Kirnberger, Tino Andrea Honegger
Ton: Hubertus Mohr, Alexander Sticht, Wolfgang Meyer
Licht: Raphaël-Aaron Moos

Darsteller
Martin Brest: Dominik Hees
Rudi Wurlitzer: Jonas Hein
Henk: Detlef Leistenschneider
Abdul: Pedro Reichert
Frankie: Sidonie Smith

Ensemble: Christopher Dederichs, Thomas Hohler, Dennis Henschel, Sabine Bönecker, Livia Wrede, Clara Mills-Karzel, Lauren Hearnden Mayer, Ulrike Figgener

Band: Jürgen Grimm, Andreas Blüml, Christoph Huber, Christoph Kilgenstein, Norbert Meyer-Venus, Norbert Nagel.